Ernährung:Der Käse wird knapper

Für Chinesen war er "verdorbene Milch", für Russen schlicht zu teuer. Aber weil sich Essgewohnheiten und Einkommensverhältnisse ändern, steigen nun auch die Preise für das Milchprodukt.

Von Finn Mayer-Kuckuk

Kurz vor der Weihnachtszeit kommen von der Milchindustrie beunruhigende Nachrichten: Araber, Russen und Chinesen essen immer mehr westliche Gerichte und futtern so nebenbei die Weltkäsevorräte auf.

Ernährung: Stinkt so, dass ihn Nicht-Europäer nicht haben wollen: Der Vieux Boulogne aus Frankreich wurde von britischen Forschern zum stinkendsten Käse der Welt gekürt.

Stinkt so, dass ihn Nicht-Europäer nicht haben wollen: Der Vieux Boulogne aus Frankreich wurde von britischen Forschern zum stinkendsten Käse der Welt gekürt.

(Foto: Foto: AP)

Der Preis für die maßgebliche Käsesorte, ozeanischer Cheddar, ist in den vergangenen acht Monaten bereits um ein Drittel auf durchschnittlich 2750 Dollar pro Tonne gestiegen, wie die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Ernährungswirtschaft berichtet.

Der deutsche Großmarktpreis für Gouda stieg von 2,18 Euro pro Kilo im März auf jetzt 2,68 Euro. "Der weltweite Angleich der Essgewohnheiten führt zu steigender Nachfrage nach Käse", sagt Eckhard Heuse, der Geschäftsführer des deutschen Milchverbandes.

Die EU sei weltweit der größte Produzent und Deutschland der zweitgrößte Anbieter nach den USA. Die Achse der Käsevertilger beginnt direkt hinter der Grenze des EU-Erzeugerlandes Polen.

Jedes zwölfte Kilo Schnittkäse aus deutscher Produktion geht bereits nach Russland. Auch die Bürger von Moskau und St.Petersburg lieben die italienische Esskultur und kaufen deshalb Mozzarella und Parmesan-Käse - die mediterranen Genüsse wurden wieder erschwinglich, seitdem es der russischen Wirtschaft besser geht.

Auch die Chinesen können es anscheinend gar nicht erwarten, mit dem westlichen Lebensstil auch westliche Zivilisationskrankheiten zu übernehmen. Zwar können viele Bewohner des Reichs der Mitte Weichkäse gar nicht verdauen, weil sie keine Laktose vertragen.

Doch das stört Pizza Hut, McDonald's und Burger King überhaupt nicht - sie hoffen darauf, dass demnächst eine Milliarde Chinesen jeden Tag einen Cheeseburger isst und vermarkten ihre Gerichte nach Kräften. Unter dem Einfluss westlicher Medien gilt Käse bei Chinas Yuppies auch nicht mehr als "verdorbene Milch", sondern wird weltläufig über Yi-da-li-Mian - zu Deutsch: italienische Nudeln - gestreut.

Weil es in Arabien so richtig heiß ist, kommen für den dortigen Markt nur haltbare Käse in Frage. "Dahin liefern die deutschen Hersteller eher Schmelzkäse", sagt Heuser. Die dreieckigen, in Alufolie verpackten Stücke in der runden Schachtel laufen im Orient besonders gut.

Die Statistiker vom Milchverband haben aber auch gute Nachrichten für alle Käseliebhaber. Die Nachfrage nach europäischem Käse ist zwar weltweit gestiegen. Doch gerade in den neu beigetretenen Ländern steigt auch die Produktion zurzeit rasch an.

Und auch die deutschen Molkereien können ihre Kapazitäten noch steigern. Allein 2003 stieg der Gesamtexport der deutschen Milchwirtschaft um 27 Prozent.

Die US-Lebensmittelkonzerne sind vom steigenden Marktpreis für Käse besonders betroffen. Vor allem Massenanbieter von Pizza befürchten, ihre Preise erhöhen zu müssen.

Bei einer Sorte Käse können wir Europäer uns allerdings sicher sein, dass die Chinesen oder Amerikaner sie uns nicht wegessen. Anderswo in der Welt bevorzugen die Menschen schließlich eher neutralen Käse.

orscher der Universität Cranfield in England haben jetzt aber den am schlimmsten stinkenden Käse der Welt identifiziert. Er kommt - woher sonst? - aus Frankreich und heißt Vieux Boulogne. Während er wochenlang reift, wird seine Rinde mit Bier gewaschen, das mit den Enzymen im Käse zu einer Stinkmischung reagiert, die Geruchsexperten am ehesten an "eingeschlafene Füße" erinnert.

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