Ermittlungspanne:Geheimes Daten-Versteck des "Maskenmanns" entdeckt

Der Nachmieter des geständigen Kindermörders Martin N. hat in dessen ehemaliger Wohnung mehrere Speichermedien gefunden. Weil diese gut versteckt waren, geht die Staatsanwaltschaft von möglicherweise brisantem Beweismaterial aus. Doch eins ist es auf jeden Fall: eine weitere peinliche Panne der Polizei.

Im Fall des Kindermörders Martin N. hat die Polizei möglicherweise brisantes Beweismaterial übersehen. Erst jetzt - ein halbes Jahr nach der Verhaftung des 40-Jährigen, der jahrelang als "Maskenmann" gesucht wurde - konnten drei Festplatten, ein USB-Stick und eine CD aus dem Besitz des Pädagogen sichergestellt werden. Der Nachmieter von N. entdeckte die Datenträger durch Zufall.

'Maskenmann'-Prozess geht mit drittem Mordfall weiter

Dunkel gekleidet und mit einer Skimaske über dem Kopf stieg ein Unbekannter über Jahre hinweg in norddeutsche Schullandheime, Zeltlager und Privatwohnungen ein und verging sich an Jungen. Mit dieser Zeichnung wurde nach dem sogenannten "Maskenmann" gefahndet.

(Foto: dpa)

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade, Kai-Thomas Breas, erklärte, der neue Mieter sei bei Renovierungsarbeiten in der Küche auf die Gegenstände gestoßen. Sie waren demnach unter dem Fettfilter der Dunstabzugshaube versteckt. Breas räumte ein, die Datenträger seien bei vorherigen Wohnungsdurchsuchungen durch die Polizei "übersehen worden, das muss man ganz klar sagen".

Gut gesicherte Daten

Martin N. steht seit Oktober wegen dreifachen Mordes und mehrfachen Kindesmissbrauchs in Stade vor Gericht. Er hat die Tötung von drei Jungen gestanden. Nach seiner Festnahme im April gab es Gerüchte, der 40-Jährige könne darüber hinaus für weitere Straftaten an Kindern verantwortlich sein.

Ob sich der nachträgliche Beweismittelfund zu einer großen Ermittlungspanne auswachsen werde, hänge davon ab, ob sich auf den Datenträgern Hinweise auf neue Straftaten fänden, sagte Breas. Er selbst erwarte sich eine "gewisse Brisanz" von dem Material. "Ansonsten hätte der Angeklagte es nicht so gut versteckt."

Bei einer ersten Sichtung sei auf der CD Musik gefunden worden, auf dem USB-Stick Dokumente wie etwa gefälschte Zeugnisse. Die Festplatten seien allerdings mit Passwörtern geschützt, weshalb die darauf gespeicherten Daten noch nicht lesbar seien.

Der Sprecher zeigte sich wenig zuversichtlich, dass das Sicherungssystem zeitnah überwunden werden könne. Es sei noch immer nicht gelungen, das Passwort des nach der Festnahme im April beschlagnahmten Computers zu knacken. Inzwischen habe die Justiz 30.000 Euro in Hard- und Software aus den USA investiert, um an die Daten zu kommen. N., der Mathematik und Physik studiert hat, habe den massiven Schutz seiner Daten damit begründet, dass er keine weiteren Personen mit hineinziehen wolle.

Breas führte den Ermittlungsfehler darauf zurück, dass die Polizei nach den Geständnissen N.s nicht mehr unter großem Druck gestanden habe. Zu Beginn seines Prozesses hatte der Pädagoge - wie schon in den Verhören zuvor - eingeräumt, zwischen 1992 und 2001 drei Jungen ermordet und zahlreiche weitere missbraucht zu haben.

Bei den Toten handelt es sich um den 13-jährigen Stefan J., den achtjährigen Dennis R. und den neunjährigem Dennis K. Der Angeklagte, ein gebürtiger Bremer, der zuletzt in Hamburg lebte, war über Jahre hinweg nachts in norddeutsche Schullandheime, Zeltlager und Privatwohnungen eingedrungen und hatte dort Jungen missbraucht.

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