Süddeutsche Zeitung

Verbrechen in der Südsee:"Kannibalismus? Hirngespinste!"

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Im Fall des in Französisch-Polynesien vermissten Weltumseglers bleiben viele Fragezeichen. Doch die Ermittler können zumindest eines ausschließen: dass der Deutsche Opfer eines Kannibalen wurde. Entsprechende Berichte seien absurd.

Was ist mit dem deutschen Abendteurer aus Hamburg auf der Südsee-Insel Nuku Hiva passiert? Eins scheint jedoch sicher: "Die Ermittlungen deuten auf keinen Fall auf Kannibalismus hin", sagte Staatsanwalt José Thorel in Papeete, der Hauptstadt des Überseegebiets Französisch-Polynesien.

Knochen und Kleidungsstücke, die in einem abgelegenen Tal gefunden wurden, stehen allerdings sehr wahrscheinlich mit dem Verschwinden des Deutschen in Verbindung. Es gebe eindeutige Hinweise darauf, dass sie von dem Weltreisenden stammen. Vor allem die gefundenen Zahnelemente scheinen zu dem Vermissten zu gehören, sagte der Staatsanwalt.

"Typisch europäische Hirngespinste"

Die Auswertung könne noch mehrere Tagen dauern, teilte das involvierte Bundeskriminalamt am Dienstag in Wiesbaden mit. Möglicherweise liegen erste Ergebnisse aber bereits heute oder morgen vor und können endgültig Gewissheit geben: DNS-Proben werden derzeit in Frankreich untersucht.

Die Anthropologin und Polynesien-Expertin Marie-Noëlle Ottino-Garanger bedauerte Medienberichte, in denen der Tourist bereits als Opfer von Kannibalismus beschrieben wurde. Es handele sich um "typische Hirngespinste einiger Europäer", die die einheimische Bevölkerung beleidigten. Auf der Inselgruppe der Marquesas, zu der Nuku Hiva gehört, gebe es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts keine Menschenopfer mehr.

Der Deutsche und seine Freundin hatten im Rahmen ihrer Weltumsegelung mit ihrem Katamaran einen Zwischenstopp auf Nuku Hiva eingelegt. Nach Angaben seiner Freundin war der 40-Jährige am Sonntag vor einer Woche auf Einladung eines einheimischen Jägers zu einer Bergtour aufgebrochen.

Mutmaßlicher Täter auf der Flucht

Nach einer Weile sei dieser allein aus dem Tal zurückgekehrt und habe der Frau berichtet, ihr Freund sei verletzt und bräuchte dringend Hilfe. Sie sei mitgekommen, doch plötzlich habe er sie mit einer Waffe bedroht, sexuell belästigt und am Ende an einen Baum gebunden. Sie konnte sich allein befreien und alarmierte die Behörden.

Diese fanden schließlich eine frische Feuerstelle mit den Knochenresten, Zähnen und Kleidung. Die Ermittler fahnden weiterhin nach dem 31-jährigen Jäger wegen des Verdachts auf Mord, Entführung und sexuelle Gewalt.

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dpa/AFP/grc
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