Süddeutsche Zeitung

Erfrorener Säugling vor Babyklappe:Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung

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Das in Hannover tot aufgefundene Neugeborene wurde offenbar nicht neben die Babyklappe gelegt, um es erfrieren zu lassen. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen.

Nach der Entdeckung eines toten Säuglings vor einer Babyklappe in Hannover ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. "Zur Zeit gibt es keine Anhaltspunkte, dass das Baby absichtlich neben die Klappe gelegt wurde, um es erfrieren zu lassen", sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Baby gefunden werden sollte.

"Es ist auch möglich, dass derjenige, der den Säugling abgelegt hat, nicht verstanden hat, wie die Klappe zu öffnen ist oder die Babyklappe nicht funktionsfähig war", betonte die Sprecherin. Die Polizei und das Landeskriminalamt Niedersachsen überprüfen, ob die Klappe überhaupt funktioniere.

Der in ein Frotteetuch gewickelte Junge war am Mittwochmittag vor der Babyklappe eines Krankenhauses entdeckt werden. Er starb dem vorläufigen Obduktionsbericht zufolge an fehlender Versorgung und Unterkühlung. Das Kind war offensichtlich erst in diesem Jahr zur Welt gekommen, die Nabelschnur war nicht abgetrennt.

Die Rechtsmediziner gehen davon aus, dass es stundenlang auf den eiskalten Treppenstufen vor der Babyklappe gelegen hat. Um die Anonymität der Mütter zu wahren, ist der Keller-Zugang nicht videoüberwacht. Es gibt auch keine Kontrollgänge. Ob der Junge bereits tot war, als er dort hingelegt wurde, lasse sich nicht mehr feststellen, hieß es. Sicher sei, dass das Baby lebend geboren wurde.

Hinweise auf die Mutter gibt es nicht. Die Ermittler setzen auf die Mithilfe der Bevölkerung. So sollten sich Zeugen melden, die das Frotteetuch, in das der Junge gewickelt war, wiedererkennen. "Das Tuch hat einen auffälligen Aufdruck: einen fußballspielenden Schlumpf", sagte ein Polizeisprecher.

Nach Ansicht des Kinderhilfswerkes terre des hommes schaden Babyklappen mehr als sie nützen. "Die Zahl ausgesetzter oder getöteter Kinder ist seit der Einführung der Klappen nicht zurückgegangen", sagte der Adoptionsexperte Bernd Wacker der in Osnabrück ansässigen Organisation. Dagegen drohten Kindern, die anonym geboren oder abgegeben werden, später seelische Schäden, weil sie niemals ihre Herkunft erfahren könnten.

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