In Mexiko-Stadt graben viele mit den bloßen Händen, weil Schaufeln fehlen. Rund um die Uhr, denn es ist ein erbitterter Kampf gegen die Zeit. Auch nachts geht die Suche weiter, selbst wenn die vielen Rettungskräfte und freiwilligen Helfer dann kaum etwas sehen können. Es ist zu dunkel, vielerorts ist die Straßenbeleuchtung ausgefallen. Nur an wenigen Stellen wurden mit Generatoren betriebene Scheinwerfer aufgestellt. Taschenlampen waren binnen weniger Stunden in der ganzen Stadt ausverkauft.
Es ist der zweite Tag nach dem schweren Erdbeben, das vor allem die mexikanische Hauptstadt hart getroffen hat. Mindestens 230 Menschen starben in den betroffenen Regionen, etwa 50 Gebäude stürzten ein. In der Grundschule "Enrique Rebsamen" kamen alleine 21 Schulkinder und vier Lehrer in den Trümmern ums Leben. Doch immer wieder gibt es auch gute Nachrichten, die den Helfern Mut machen: Bereits 52 Menschen konnten lebend aus den Trümmern geborgen werden.
In der Hauptstadt hat es insbesondere die Innenstadtviertel La Condesa und La Roma schlimm erwischt. "In Condesa liegt alles in Trümmern. Aber die Leute, die hier wohnen, halten zusammen", sagt Anwohnerin Heike Arzapalo. "Alle packen mit an, die Solidarität ist unglaublich." Ohne Pause transportieren die Nachbarn die Trümmer der eingestürzten Gebäude in langen Menschenketten weg. Die Armee hat auch Soldaten geschickt, die mit Hand anlegen.
Arzapalo musste ihr Haus in Condesa verlassen. Das Beben hat mehrere tiefe Risse in den Mauern hinterlassen. "Es ist so nicht mehr bewohnbar", sagt die 45-Jährige, die mit ihrem Sohn bei Freunden untergekommen ist.
"Alle Leute wollen helfen"
Trotz des persönlichen Unglücks hilft Arzapalo weiter mit, so gut es geht. Doch die gerade jetzt so wichtigen Gerätschaften für die Bergung sind nicht mehr aufzutreiben."Die Supermärkte und Baumärkte sind quasi leer. Es gibt praktisch nichts zu kaufen."
Arzapalo hat deshalb auf die Schnelle koordiniert, dass ein Paket mit Taschenlampen mit einem Lufthansa-Flug aus Deutschland geliefert wird. Schaufeln zum Graben werden aus Cancún geschickt. "Die Sachen braucht man auch noch die nächsten Tage, bis alle Opfer geborgen sind. Beim Erdbeben 1985 hat es zwei Wochen gedauert, bis alle gefunden waren", sagt sie. Langsam kämen jetzt auch die Leichen zum Vorschein. "Wir brauchen Eis, um sie zu kühlen. Es gibt aber kein Eis mehr."
Nahrung scheint derzeit kein Problem zu sein. Um Helfer und Bedürftige mit Essen zu versorgen, wurden in der ganzen Stadt provisorische Versorgungszentren eingerichtet. Dort können Essensspenden abgegeben werden. Die Schwierigkeit liegt woanders: Direkt nach einem Unglück wird oft zu viel Nahrung gespendet, während nach ein paar Tagen dann das Essen fehlt.
"Wir brauchen vor allem nachhaltige Hilfe", sagt Arzapalo deshalb. "In manchen Versorgungszentren hier in Condesa haben sie bereits gesagt: Stopp!, bitte bringt jetzt kein Essen mehr, das verdirbt nur. Wir haben im Moment zu viel."