Erdbeben in Italien:In Rom wackelt das Bett - und die Römer fahren los

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Unser Italien-Korrespondent Oliver Meiler berichtet, wie ihn das Erdbeben geweckt hat. Auf dem Weg nach Amatrice sieht er viele, die um Menschen in der Urlaubsregion bangen.

Oliver Meiler lebt in Rom und arbeitet als Korrespondent für die SZ. Bei Tagesanbruch hat er sich auf den Weg nach Amatrice in Mittelitalien gemacht, wo in der Nacht die Erde gebebt hat. Am Telefon berichtet er seine Eindrücke:

"Das Erdbeben hat uns gegen Viertel vor vier geweckt. Das Bett hat gezittert, man merkt im Halbschlaf, dass etwas nicht stimmt. Ich bin aber erstmal wieder eingeschlafen. Dann kam ein Nachbeben, viel kürzer diesmal, das erste hatte ja knapp 20 Sekunden gedauert. Diesmal wurde ich richtig wach, da liefen auch schon die ersten Push-Nachrichten auf dem Telefon ein.

Als ich um sechs Uhr in Rom aufgebrochen bin, haben schon alle über das Beben gesprochen. Bei den Italienern werden natürlich Erinnerungen an das schlimme Erdbeben von L'Aquila wach, bei dem 2009 mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen sind.

Jetzt liegt das Epizentrum etwas weiter nördlich, in einer weniger stark besiedelten Region. Im Sommer ist in den betroffenen Bergdörfern aber mehr los als sonst, weil viele Familien dort ihren Urlaub verbringen. Es ist dort viel kühler als im Rest des Landes. Vor allem Menschen, die aus den Dörfern stammen, aber in Rom leben, verbringen dort die Ferien. Deshalb tun sich die Bürgermeister gerade auch so schwer, die Zahl der möglicherweise Verschütteten anzugeben. Niemand weiß, wie viele Leute sich aktuell in der Gegend aufhalten.

Auf der Straße wurde ich von vielen Polizeikolonnen, Rettungswagen und teilweise vom Militär überholt. Aber auch Privatautos rasten an mir vorbei - das dürften Menschen aus Rom gewesen sein, die zu ihren Familien in den Dörfern eilten. Ich selbst bin jetzt in Amatrice, wo mehrere Gebäude eingestürzt sind.

Erdbeben in Italien
:Die Trümmer von Amatrice

Menschen rennen ängstlich ins Freie, Helfer bergen Verletzte aus zerstörten Häusern. Fotos aus dem Urlauberdorf in den Bergen zeigen das Ausmaß der Zerstörung.

Eine kleine Brücke auf dem Weg zu dem Dorf ist beschädigt und darf nur noch von Einsatzfahrzeugen überquert werden. Die letzten sechs Kilometer bin ich deshalb zu Fuß gegangen. Das erste, was man sieht, wenn man nach Amatrice kommt, ist ein Krankenhaus. Es steht noch, ist aber einsturzgefährdet, weshalb die Patienten jetzt mit ihren Infusionen auf dem Parkplatz in der prallen Sonne stehen.

Auf dem zentralen Platz herrscht Chaos. Ein Mann steht auf einem Schuttberg und dirigiert die Einsatzkräfte, die in den zusammengefallenen Häusern nach Verschütteten graben. Neben mir wurden sind gerade zwei Menschen aus den Trümmern geborgen worden. Einer von ihnen lebte, der andere war tot.

Viele Menschen tragen noch ihre Pyjamas, sie wurden ja aus dem Schlaf gerissen. Und obwohl so viele Leute hier sind, ist es gleichzeitig sehr ruhig. Als hätte jemand den Ton ausgestellt."

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