Türkei und Syrien:Mehr als 8100 Tote nach Erdbeben

Türkei und Syrien: Mitglieder eines Rettungsteams suchen in der türkischen Stadt Adana in einem zerstörten Gebäude nach Menschen.

Mitglieder eines Rettungsteams suchen in der türkischen Stadt Adana in einem zerstörten Gebäude nach Menschen.

(Foto: Francisco Seco/dpa)

Im betroffenen Gebiet kommen immer mehr Helfer aus der ganzen Welt an. Die Situation bleibt trotzdem dramatisch. Außenministerin Baerbock fordert die Öffnung aller Grenzübergänge nach Syrien.

Im Erdbebengebiet an der türkisch-syrischen Grenze suchen Retter unter großem Zeitdruck nach Überlebenden unter den Trümmern eingestürzter Häuser. Die Zahl der Toten steigt immer weiter und liegt nach Angaben von Mittwochmorgen inzwischen bei über 8100. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief den Ausnahmezustand in zehn vom Beben betroffenen Provinzen aus.

Bisherigen Informationen zufolge wurden in der Südtürkei und in Nordsyrien mehr als 31 000 Menschen verletzt. Nach Schätzungen des Pacific Disaster Centers, einer US-Organisation für Katastrophenhilfe, sind von den Erdbeben in der Türkei und Syrien insgesamt rund 23 Millionen Menschen betroffen. Während in der Türkei Hilfe großflächig angelaufen ist, warten viele Betroffene in Syrien auf Rettungsteams. Außenministerin Annalena Baerbock forderte die Öffnung aller Grenzübergänge, um auch dort schnellere Hilfe zu ermöglichen. Er gebe derzeit nur einen offenen Grenzübergang, der bei dem Erdbeben aber beschädigt worden sei. "Deswegen ist die Öffnung der Grenzübergänge so zentral." Es sei "das absolute Gebot jetzt, dass die humanitäre Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird".

Im Nordwesten Syriens sei die Versorgung der Menschen ohnehin schwierig, betonte die deutsche Außenministerin. "Deswegen sollten alle internationalen Akteure - Russland eingeschlossen - ihren Einfluss auf das syrische Regime nutzen, dass die humanitäre Hilfe für die Opfer dort auch ankommen kann." Es dürften keine zusätzlichen Hürden aufgebaut werden, weil es hier auf jede Minute ankomme.

Etwa 13,5 Millionen Türken sind laut Regierung betroffen

Ein Erdbeben der Stärke 7,7 bis 7,8 hatte am frühen Montagmorgen das Gebiet an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien erschüttert. Am Mittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,5 in derselben Region. Tausende Gebäude stürzten ein. Im Katastrophengebiet herrschten Temperaturen um den Gefrierpunkt. Der türkische Wetterdienst sagte teils Schneefall und Regen voraus.

Türkei und Syrien: Von überall starten Teams in das türkische Erdbebengebiet. Das Bild zeigt eine Gruppe aus Pakistan.

Von überall starten Teams in das türkische Erdbebengebiet. Das Bild zeigt eine Gruppe aus Pakistan.

(Foto: AP)

Viele können nicht in ihre Häuser zurück, weil sie eingestürzt sind oder eine Rückkehr wegen der Nachbeben zu gefährlich wäre. "Dieses Erdbeben hat 13,5 Millionen unserer Bürger direkt betroffen", sagte der türkische Städteminister Murat Kurum. Manche Straßen und Wege seien nicht zugänglich, man arbeite daran, sie passierbar zu machen. "Der Schmerz ist unbeschreiblich", sagte der Minister. Jede Stunde sei wertvoll. Er betonte, dass bei vergangenen Beben Menschen auch noch nach 100 Stunden aus Trümmern geholt worden seien.

Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, in der Stadt Antakya seien zwei Frauen nach rund 30 Stunden gerettet worden. Der türkische Präsident Erdogan rief den Ausnahmezustand aus, um so "sicherzustellen, dass die Such- und Rettungsarbeiten schnell durchgeführt werden". Viele Länder sagten Unterstützung zu. Selbst aus Mexiko machten sich 145 Rettungskräfte auf den Weg.

Technisches Hilfswerk stellt sich auf längeren Einsatz ein

Der Präsident des Technischen Hilfswerks (THW), Gerd Friedsam, rechnete am Mittag unmittelbar vor dem Abflug eines 50-köpfigen Teams am Flughafen Köln/Bonn mit einem schwierigen und möglicherweise auch längeren Einsatz in der Türkei. Über das Zentrum für Katastrophenhilfe der EU sind bereits 27 Such- und Rettungsteams mobilisiert worden. Wie EU-Kommissar Janez Lenarcic mitteilte, entspricht das insgesamt mehr als 1150 Rettungskräften und 70 Hunden. Die EU-Staaten stimmen sich untereinander ab. Hilfszusagen kamen etwa auch aus Großbritannien, Israel, Indien, Russland, der von Russland angegriffenen Ukraine sowie den USA. Bilder aus der Türkei zeigten etwa, wie Bagger Schuttberge eingestürzter Häuser abtrugen.

Retter in Syrien vermuten, dass noch immer Hunderte Familien unter den Trümmern begraben sind. Die Suche über Nacht sei wegen Sturms und fehlender Ausrüstung "sehr langsam" verlaufen, hieß es von den Weißhelmen, die in den von Rebellen gehaltenen Gebieten Syriens aktiv sind. Eines der am schwersten betroffenen Gebiete ist die Region Idlib unter Rebellen. Dies erschwert dort die staatliche Nothilfe. Nach mehr als elf Jahren Bürgerkrieg kontrollieren Regierungstruppen des Machthabers Baschar al-Assad wieder rund zwei Drittel Syriens.

Nach UN-Angaben trafen die Beben in dem Bürgerkriegsland vor allem Menschen, die ohnehin schon in großer Not lebten. Viele der Binnenflüchtlinge, die vor der Katastrophe in baufälligen Unterkünften wohnten, mussten die Nacht bei eisigen Temperaturen im Freien verbringen, wie eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR der Deutschen Presse-Agentur sagte.

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