Süddeutsche Zeitung

Entscheidung in Arkansas:Gericht hebt Todesurteil wegen Twitter-Botschaften auf

Der Supreme Court in Arkansas hat die Todesstrafe für einen verurteilten Mörder aufgehoben. Ein Jurymitglied twitterte trotz Kommunikationsverbots über den Fall - ein anderer Geschworener schlief während der Beratungen über das Strafmaß ein.

"Entscheidungen müssen getroffen werden. Herzen gebrochen ...", twitterte Randy Franco am 1. April 2010. Der Amerikaner wollte seine Follower mit dieser Kurznachricht aber nicht etwa über die bevorstehende Trennung von seiner Liebsten informieren. Franco war Geschworener in einem Mordprozess: Als er seinen Tweet absetzte, berieten die Juroren über das Strafmaß für Erickson Dimas-Martinez. Zuvor hatten sie den Angeklagten bereits schuldig gesprochen.

Wenig später lief eine weitere Nachricht auf dem Twitter-Account des "Geschworenen 2" ein: "Es ist vorbei." Die Jury hatte entschieden: Dimas-Martinez sollte für den Mord an einem 17-Jährigen die Todesstrafe erhalten.

Juror twitterte trotz eindringlicher Ermahnung des Richters

Doch zur Vollstreckung wird es nun nicht kommen: Der Supreme Court des US-Bundesstaates Arkansas hat das Todesurteil am Donnerstag (Ortszeit) aufgehoben - wegen des Fehlverhaltens zweier Juroren. So twitterte nicht nur Franco unerlaubterweise, ein weiterer Geschworener soll während der Beratungen geschlafen haben.

Die Geschworenen im Prozess gegen Dimas-Martinez waren explizit angehalten worden, nicht mit Außenstehenden über den Fall zu sprechen oder Inhalte öffentlich zu machen. Vor den Beratungen über das Strafmaß soll der Richter die Juroren dem Guardian zufolge noch einmal auf ihre Verschwiegenheitspflicht aufmerksam gemacht haben: "Denken Sie daran, den Fall nie über ihr Mobiltelefon zu diskutieren ... und twittern Sie mit niemandem über den Fall", zitiert das britische Blatt aus Gerichtsunterlagen.

Die Verteidiger des zum Tode Verurteilten hatten bereits im vergangenen Jahr Berufung eingelegt. Nach gescheiterten Versuchen landete das Verfahren schließlich vor dem obersten Gericht. Das folgte nun der Kritik der Anwälte, die einen "Fehler der Jury" beklagt hatten, der Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Gerichts aufkommen lasse.

Der "Geschworene 2" habe die Kurznachrichten über das Verfahren auf einer öffentlich zugänglichen Online-Plattform gepostet und so zum öffentlichen Diskussionsgut gemacht, hieß es von Seiten des Supreme Courts in Arkansas. Auch wenn die Kommunikation einseitig geblieben sei, "ist es für einen Juroren in keinster Weise angebracht, Grübeleien, Gedanken oder andere Informationen über den Fall in dieser Art öffentlich zu machen", zitierte der Guardian aus dem Aufhebungsurteil.

Der Vorsitzende Richter wies auch darauf hin, dass es generell problematisch sei, wenn Geschworene uneingeschränkt Zugang zu ihren Mobiltelefonen hätten. Diese seien heutzutage größtenteils internetfähig und es bestehe die Gefahr, dass die Jury ihr Urteil auch auf externe Fallinformationen - beispielsweise von Online-Nachrichtenportalen - stütze.

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