Süddeutsche Zeitung

EuGH-Urteil:Handel mit berauschenden Kräutermischungen vorübergehend legal

Zwei Händler von Kräutermischungen sind in Deutschland zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Das war nicht rechtens, hat der Europäische Gerichtshof jetzt entschieden.

  • Berauschende Kräutermischungen, die wie Cannabis-Produkte wirken, sind keine Arzneimittel, hat der Europäische Gerichtshof entschieden
  • Es ging um zwei Fälle aus Deutschland, in denen Händler Kräutermischungen verkauft haben und deshalb verurteilt wurden.
  • Handel mit diesen Kräutermischungen ist jetzt wieder vorübergehend legal.

Der Fall

Kräutermischungen, die als Cannabis-Ersatz genutzt werden, sind keine Arzneimitttel. Das hat an diesem Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden.

Stoffe, die "in ihrer Wirkung die physiologischen Funktionen schlicht beeinflussen, ohne geeignet zu sein, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind", fielen nicht unter den Arzneimittelbegriff, heißt es in dem Urteil (Az.: C-358/13 und C-181/14 - hier ausführlich als PDF).

Von Drogendesignern entwickelte Kräutermischungen haben nichts mit Medizin zu tun, diese auf den ersten Blick ziemlich offensichtliche Entscheidung der Luxemburger Richter hat einen komplexen rechtlichen Hintergrund.

Die Begründung des Gerichts

In den beiden Fällen, über die der EuGH zu befinden hatte, waren zwei Verkäufer der Kräutermischungen, die synthetische Cannabinoide enthalten, in Deutschland wegen illegalen Verkaufs bedenklicher Arzneimittel zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt worden. Eine Verfolgung auf Grundlage des Betäubungsmittelgesetzes, das den Erwerb, Handel und Besitz illegaler Drogen unter Strafe stellt, war nicht möglich. Denn die Wirkstoffe der neuen Designerdrogen sind dort nicht gelistet.

Dass der Vertrieb der Stoffe nun "jeder Strafverfolgung" entzogen ist, ändere nichts an der Einschätzung, so die Richter. Der Handel ist nun zumindest vorübergehend legal.

Der Hintergrund der Entscheidung

Die Kräutermischungen, oft als "Legal Herbs" oder "Spice" bezeichnet, enthalten synthetisch hergestellte Cannabinoide. Diese wirken häufig stärker und schwieriger kalkulierbar als das in Marihuana und Haschisch enthaltene THC. In einer Studie der Universität Freiburg, für die auch Daten des Giftnotrufs ausgewertet wurden, ist von Symptomen die Rede, die normalerweise bei Cannabis-Konsum untypisch sind: Krampfanfälle, Bluthochdruck, starke Übelkeit oder schwere Vergiftungserscheinungen. Der Gesetzgeber versucht, die Kräutermischungen über das Betäubungsmittelgesetz zu verbieten. Das dauert jedoch und außerdem versuchen die Hersteller die Verbote zu umgehen, indem sie ständig neue Kräutermischungen auf den Markt bringen.

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dpa/AFP/olkl/ebri
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