Die Entführung und die frühe Ermordung der Heidenheimer Bankiersfrau Maria Bögerl deuten nach Ansicht eines Experten für Kidnapping auf unprofessionelle Täter hin. "Wahrscheinlich war es eine spontane Entführung, die nicht längerfristig geplant war", sagte der Direktor des Kieler Instituts für Krisenforschung, Frank Roselieb.
Roselieb geht davon aus, dass ein Einzeltäter am Werk war. "Einige Details an dem Fall sind zudem für eine Entführung sehr untypisch, so zum Beispiel die geringe Lösegeldforderung von nur 300.000 Euro." Vieles spreche dafür, dass der Entführer schnell an Geld kommen wollte und das Opfer seinen Entführer enttarnte.
"Möglicherweise wollte sich der Täter rächen, vielleicht ist es ein geschundener Bankkunde", vermutet Krisenexperte Roselieb. "Wirkliche Profis gehen anders vor, sie melden sich lange nicht und fordern viel Geld", sagte Roselieb. 80 Prozent aller Entführungen deutschlandweit seien bis ins Detail geplant gewesen - die Heidenheimer gehöre nicht dazu.
Nur ein einziger Anruf
Auch die kurze Frist bis zur Übergabe des Lösegelds und der Übergabeort an der Autobahn 7 stützten die These einer ungeplanten Tat. Laut Roselieb ist bei derartigen quick kidnappings ein einziger Anruf der Entführer durchaus die Regel. Dass Maria Bögerl als Opfer bei diesem Telefonat mit ihrem Mann sprechen durfte, sei jedoch unüblich. "Wahrscheinlich war der Entführer alleine und hatte kein Versteck für sein Opfer", vermutete der Experte.
"Sterben musste Maria Bögerl nach der geplatzten Geldübergabe möglicherweise, weil sie ihren Entführer enttarnte", sagte Roselieb. In Freiheit wäre sie sonst eine Gefahr für ihn geworden.
Roseliebs Ansicht nach kommt der Entführer mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Umgebung. Sowohl der schwäbische Akzent des Täters als auch die geringen Entfernungen zwischen dem Wohnort der Entführten, dem Fundort der Leiche und der Übergabestelle des Lösegelds sprächen dafür.