Entführung in Hamburg:Taxifahrt wird zum Höllentrip

Traumatisiert und mit blauen Flecken übersät war eine Hamburgerin sechs Stunden lang in den Kofferraum eines Taxis gesperrt worden. Der Fahrer des Wagens hat die Entführung zwar gestanden - sein Motiv bleibt aber trotz eines vorangegangenen Streits unklar.

Ralf Wiegand

Der Albtraum begann morgens um sechs Uhr auf der Reeperbahn, Ecke Große Freiheit: Julia H., 32, wollte nach einer langen Nacht nach Hause und stieg in ein Taxi. Sie nannte dem Fahrer die Adresse, merkte aber schnell, dass der Mann in die falsche Richtung fuhr. Der Polizei sagte Julia H. später, sie habe vermutet, der Taxifahrer wolle durch Umwege den Fahrpreis in die Höhe treiben.

Taxifahrer sperrt Frau in den Kofferraum

Er riss sie von der Rückbank, schlug ihr ins Gesicht und sperrte sie in den Kofferraum seines Wagens: Warum ein Hamburger Taxifahrer seine Kundin derart drangsalierte, ist noch unklar.

(Foto: dpa)

Darüber hätten sie während der Fahrt gestritten. Plötzlich habe der Fahrer das Taxi abgebremst, sei ausgestiegen, habe sie von der Rückbank nach draußen gezerrt, ihr einen Faustschlag ins Gesicht versetzt und sie schließlich in den Kofferraum des Fahrzeugs gesperrt. Seit Montag sitzt Ralf B., 57, deshalb wegen des Verdachts der schweren Freiheitsberaubung und Körperverletzung in Untersuchungshaft.

Erst Sonntag gegen 12 Uhr hatte die Polizei Julia H. aus dem Kofferraum befreien können. Per Handy hatte sie die Polizei alarmiert, die eine Großfahndung auslöste und den Wagen von Ralf B. schließlich in dessen Heimatort Hasloh im Kreis Pinneberg fand. Zeugen hatten zwischenzeitlich ebenfalls die Polizei alarmiert, weil sie Schreie aus dem geparkten Taxi gehört hatten.

B. saß alkoholisiert in seiner Wohnung, sein Opfer hatte er einfach im Wagen liegen lassen. Traumatisiert und mit Blutergüssen am ganzen Körper endete die Heimfahrt für Julia H. im Rettungswagen. Ralf B. landete vor dem Untersuchungsrichter und das Taxi auf dem Abschleppwagen.

Bei seiner Vernehmung vor dem Richter habe B. die Tat gestanden, ohne selbst ein Motiv nennen zu können, sagte Polizeisprecherin Ulrike Sweden. Er habe erst seit 2. September bei einem Hamburger Unternehmen als Fahrer angefangen - obwohl er zu dem Zeitpunkt gar keinen Führerschein hatte. Der war ihm vor gut einem Monat wegen Trunkenheit am Steuer abgenommen worden. Ansonsten sei der 57-jährige Mann nicht aktenkundig gewesen, sagte die Polizeisprecherin. Er sei geschieden und lebe in Hasloh bei seinen Eltern.

Taxifahrer ohne Fahrerlaubnis

Zu dem Zeitpunkt, als er Julia H. in seinen Wagen ließ, sollte er das Fahrzeug eigentlich schon wieder in der Taxizentrale abgegeben haben - seine Wochenendnachtschicht endete genau um sechs Uhr. Nun müssen Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln, was er mit der entführten Frau tatsächlich vorhatte - und ob er nicht schon wenige Stunden vorher mit dem gleichen Vorhaben gescheitert war.

Nach Angaben der Hamburger Polizei ist eine 24-Jährige zu ihm ins Auto gestiegen, auch hier sei B. nach Nennung des Fahrziels Eilbek in die falsche Richtung gefahren. Die Frau sei aber an einer roten Ampel aus dem Fahrzeug gesprungen und entkommen.

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