Entführte Amerikanerin:Zurück nach 18 Jahren

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Mit elf Jahren wurde Jaycee Lee Dugard entführt. Jetzt - 18 Jahre später - ist sie wieder aufgetaucht. Ein verdächtiges Ehepaar wurde festgenommen. Der Mann soll mit Dugard zwei Kinder gezeugt haben.

Der Fall erinnert an Natascha Kampusch - und klingt nahezu unglaublich: 1991 wird die elfjährige Jaycee Lee Dugard entführt, nicht weit von ihrem Elternhaus entfernt. Ihr Vater muss tatenlos zusehen, als sie von Unbekannten in ein Auto gezerrt wird. 18 Jahre lang bleibt sie verschwunden - bis sie nun in eine Polizeistation spazierte.

Jaycee Lee Dugard auf einem Familienfoto: Sie wurde als Elfjährige auf dem Weg zur Schule entführt - und blieb 18 Jahre lang verschwunden. (Foto: Foto: dpa)

Jaycee Lee Dugard - inzwischen 29 Jahre alt - sei in einer Polizeiwache im nordkalifornischen Concord aufgetaucht, berichtete der San Francisco Chronicle am Donnerstag. Die Polizei bestätigte den Fall inzwischen.

Möglicherweise war die junge Frau dabei sogar in Begleitung ihrer Entführer. Nach Angaben der Polizei wurden inzwischen zwei Verdächtige festgenommen. Nach Informationen des San Francisco Chronicle handelt es sich dabei um ein Ehepaar - einen 58 Jahre alten Mann und seine 55-jährige Ehefrau. Die Zeitung berichtet, dass das Paar gemeinsam mit Jaycee Lee in der Polizeistation aufgetaucht sei - angeblich um etwas nachzufragen. Dabei hätten sie den Verdacht eines Beamten erregt.

Gegen das Paar werde wegen Entführung und anderer Vorwürfe ermittelt, bestätigte ein Sprecher der Polizei. Der 58-Jährige war offensichtlich polizeibekannt. Übereinstimmden Medienberichten zufolge war er bereits wegen eines Sexualdelikts verurteilt worden.

Nach Ermittlungen der Polizei zeugte der Mann mit der Entführten zwei Kinder. Die jetzt elf und 15 Jahre alten Mädchen und ihre Mutter wurden in einem Garten von der Außenwelt abgeschottet. Sie lebten dort in Zelten und einem Schuppen, teilte Sheriff Fred Kollar mit. Mutter und Kinder seien gesundheitlich "in verhältnismäßig guter Verfassung", aber 18 Jahre in einem Garten "würden ihren Tribut fordern". Keines der Kinder habe eine Schule besucht oder einen Arzt gesehen. "Sie lebten auf diesem Gelände des Hauses in totaler Isolierung", sagte Kollar. Nachbarn reagierten bestürzt. Die junge Frau hätten sie nie gesehen, nur gelegentlich die Mädchen, die den älteren Mann als Vater bezeichneten.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sollte am Freitag formell Anklage gegen das Paar erhoben werden. Der festgenommene Mann war am Dienstag in Begleitung der Kinder in der Stadt Berkeley der Polizei aufgefallen. Er hatte versucht, mit zwei Kindern das Gelände der Universität zu betreten und dort religiöse Flugblätter zu verteilen. Bei einer weiteren Befragung auf einer Polizeiwache am Mittwoch, zu der er die Kinder und deren Mutter "Allissa" mitbrachte, wurde dann die wahre Identität der 29-Jährigen bekannt.

"Das ist wie ein Lottogewinn"

Die Familie von Jaycee Lee Dugard war indes überglücklich. "Das ist wie ein Lottogewinn", zitiert die Zeitung Contra Costa Times den Stiefvater des Mädchens, Carl Probyn. "Da glaubt man im Traum nicht dran, sie nach 18 Jahren zurückzubekommen." Seine Frau Terry - das Paar lebt nach Informationen der Zeitung inzwischen getrennt - habe bereits am Telefon mit der gemeinsam Tochter gesprochen und sei auf dem Weg nach Nordkalifornien, um sie zu treffen.

Die Behörden gehen fest davon aus, dass es sich bei der jungen Frau auch tatsächlich um die Vermisste handelt. "Wir sind 99 Prozent sicher, dass sie es ist", sagte ein Sprecher. DNS-Tests stehen allerdings noch aus. Mutter und Tochter hätten aber bereits telefoniert und dabei über Dinge gesprochen, die nur die beiden wissen können, zitiert die Los Angeles Times den Polizeisprecher.

Das junge Mädchen wurde am 10. Juni 1991 nahe ihres Elternhauses in South Lake Tahoe entführt. Zeugen hatten damals berichtet, ein Wagen mit zwei Personen habe angehalten und das Mädchen unter den Augen seines Stiefvaters entführt. Das Mädchen sei auf dem Weg zum Schulbus gewesen, schreibt der San Francisco Chronicle.

Der Fall Dugards erinnert an das Schicksal der Wienerin Natascha Kampusch, die als Zehnjährige auf dem Schulweg entführt worden war und dann acht Jahre später 2006 wieder auftauchte. Ihr Entführer hatte sie in einem Verlies gefangen gehalten, bis ihr die Flucht gelang.

© sueddeutsche.de/dpa/AP/dmo/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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