Stilkritik:Knutscherei in der Öffentlichkeit

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Leidenschaftlich: Die französische Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra busselt Präsident Emmanuel Macron. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Was war das? Ein inniger Kuss zwischen Frankreichs Sportministerin und ihrem Präsidenten am Rande der olympischen Eröffnungsfeier erhitzt die Gemüter. Dabei könnte die zelebrierte Leidenschaft sogar Hoffnung geben.

Von Martin Zips

Warum sollte sie ihn auch nicht küssen, die Sportministerin? Schließlich war sie bestimmt erleichtert, weil die olympische Eröffnungsfeier so schön war, trotz des starken Regens, da hat sie ihn halt mal an sich herangezogen, ihren Präsidenten. Céline Dion war auch absolut ergreifend, wie sie da irgendwo die „Hymne à l’amour“ sang. „Solange mein Körper unter deinen Händen bebt“ sei eh alles wurscht, heißt es in dem Lied. Aber im digitalen Zeitalter, da ist eben nichts mehr wurscht und deshalb wird, wenn auch mit Verspätung, nun überall der Kuss analysiert, den die (verheiratete!) Amélie Oudéa-Castéra dem ebenfalls verheirateten Präsident Emmanuel Macron gab. Erinnerte ihre Körperhaltung eher an Klimt? Oder an Rodin? War Klebstoff im Einsatz? Bebte irgendwo was, worüber sich die katholische Kirche jetzt sorgen muss? Hat Céline Dion anschließend auch Thomas Bach geküsst? Jedenfalls war er doch recht „Ouh la la“ (NTV), dieser Kuss zwischen Macron und Oudéa-Castéra , irgendwie auch „seltsam“ (Madame Figaro), aber „leidenschaftlich“ (Midi Libre). Nur: „Brigitte Macron, 71, hat sich bisher nicht zu den Aufnahmen ihres Ehemannes geäußert“, weiß das Gala-Investigativ-Ressort. Und jetzt?

Der ehrliche, der ungezwungene, der belästigungsfreie Kuss sollte auch nach den Olympischen Spielen von Paris unbedingt weiter öffentlich gepflegt werden. Er ist ein Zeichen für Liebe und Fürsorge, für Freundschaft und Frieden. Er ist es, der uns Menschen Hoffnung gibt. Darum an dieser Stelle mal ein ganz klares: Danke, Amélie! Danke, Emmanuel! Und danke, Brigitte! Und an euch, Donald und alle anderen humorbefreiten Nichtknutscher: Lasst uns endlich mit euren heruntergezogenen Mundwinkeln in Ruhe, okay?

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