Texas:Ermittler stufen Massaker von El Paso als inländischen Terrorismus ein

Texas: Polizisten blockieren in El Paso, Texas, den Parkplatz vor dem Walmart, in dem am Samstag 20 Menschen erschossen und mindestens 26 verletzt wurden.

Polizisten blockieren in El Paso, Texas, den Parkplatz vor dem Walmart, in dem am Samstag 20 Menschen erschossen und mindestens 26 verletzt wurden.

(Foto: AP)
  • Bei einem Schusswaffenangriff auf eine Walmart-Filiale in der texanischen Stadt El Paso sind nach offiziellen Angaben mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als zwei Dutzend weitere wurden verletzt.
  • Ein Verdächtiger befindet sich in Gewahrsam - der 21-Jährige stammt der Polizei zufolge aus der Nähe von Dallas.
  • Die Behörden haben nach eigenen Angaben ein Schriftstück sichergestellt, das auf ein Hassverbrechen hindeutet.
  • Ermittler stufen das Massaker inländischen Terrorismus; der Bezirksanwalt will die Todesstrafe fordern.

Als der texanische Gouverneur Greg Abbott Stunden nach dem Massaker vor die Presse tritt und die ersten offiziellen Zahlen zu Toten und Verletzen bekanntgibt, ist klar: Der Schusswaffenangriff auf einen großen Supermarkt in der Grenzstadt El Paso ist eines der schlimmsten Mass Shootings in der Geschichte des Bundesstaats. Mindestens 20 Menschen sind tot, 26 verletzt. "Texas trauert heute um die Menschen von El Paso", sagt Abbott.

Um kurz vor elf am Samstagvormittag hatte ein Mann eine Walmart-Filiale nahe der "Cielo Vista Mall" in El Paso betreten und das Feuer eröffnet. Fox News zufolge ist das Ladengeschäft zu diesem Zeitpunkt mit 3000 Besuchern und 100 Mitarbeitern fast ausgelastet - viele Familien kaufen für den bevorstehenden Beginn des neuen Schuljahres ein.

Die Polizei ist nach eigenen Angaben sechs Minuten nach dem ersten Notruf vor Ort. Sie kann den mutmaßlichen Schützen stellen und in Gewahrsam nehmen. Neben den örtlichen Behörden ist auch die Bundespolizei FBI involviert - es gibt Indizen für einen politisch gelagerten Hintergrund. US-Ermittler stufen das Massaker wenige Stunden später als inländischen Terrorismus ein. Die Behörden seien entschlossen, rasch für Gerechtigkeit zu sorgen. Bezirksstaatsanwalt Jaime Esparza kündigte an, die Todesstrafe fordern zu wollen. Die Stadt El Paso rief den Katastrophenzustand aus. Die Erklärung von Bürgermeister Dee Margo erlaubt staatliche finanzielle Hilfe und aktiviert den Notfallplan der Stadt.

El Paso liegt an der Grenze zu Mexiko. Die 700 000-Einwohner-Stadt steht seit Monaten im Zentrum der amerikanischen Flüchtlingsdebatte. Tausende Familien aus Zentralamerika sind nach dem Grenzübertritt hier gestrandet, es fehlt an Unterkünften und medizinischer Versorgung. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador teilt Stunden nach dem Attentat in einer Videobotschaft mit, unter den Toten seien drei Mexikaner. Nach Angaben seines Außenministeriums wurden sechs weitere Mexikaner verletzt, darunter ein zehnjähriges Mädchen.

Mexiko erwägt ein Auslieferungsgesuch gegen den mutmaßlichen Schützen. "Wir werten diese Tat als einen Terroranschlag auf die mexikanisch-amerikanische Gemeinde und die mexikanischen Landsleute in den Vereinigten Staaten", sagte Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard. Die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft prüfe, ob sie Anzeige wegen Terrorismus gegen Mexikaner in den USA erstatte, sagte Ebrard. Dadurch würden die mexikanischen Strafverfolgungsbehörden Zugang zu den Ermittlungen in den USA erhalten. Zudem werde die Regierung rechtliche Schritte gegen denjenigen einleiten, der dem mutmaßlichen Täter die Tatwaffe verkauft hat, kündigte der Außenminister an.

Polizei stellt mögliches Manifest sicher

Rund um das Einkaufszentrum "Cielo Vista" ist die Lage am späten Samstagvormittag zunächst unübersichtlich - Berichte über mehrere Schützen machen die Runde. Auf der Pressekonferenz dementiert die Polizei das später. Staatsanwalt Ken Paxton identifiziert den Verdächtigen als 21-jährigen Weißen aus der Nähe von Dallas, etwa 1000 Kilometer östlich von El Paso. Polizeichef Greg Allen berichtet, es gebe Hinweise auf ein Hassverbrechen.

Ermittler stellten ein Schriftstück sicher, bei dem es sich nach Angaben Allens um eine Art Manifest handeln soll. Der New York Times zufolge gibt es in dem vierseitigen Schriftstück Bezüge zum Attentäter von Christchurch: Dieser hatte im März zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt attackiert und 51 Menschen getötet. Der Verfasser des Manifests fabuliert demnach, die hispanische Bevölkerung in Texas übernehme zunehmend die Macht. Der Zeitung zufolge prüfen die Ermittler derzeit, ob der Verfasser tatsächlich der Schütze ist. Das Schriftstück wurde offenbar auf der Plattform 8chan gepostet, 19 Minuten, bevor die ersten Notrufe aus dem Einkaufszentrum eingingen. Schon der Attentäter von Christchurch kündigte seinen Anschlag auf dieser Plattform an.

Für einen zumindest sorgfältig geplanten Angriff sprechen Bilder einer Überwachungskamera im Eingangsbereich des Walmarts in El Paso: Die Aufnahmen zeigen einen Mann mit kurzen, braunen Haaren in heller Cargohose und dunklem T-Shirt. Er hält ein Gewehr im Anschlag und trägt eine Brille und Ohrenschützer. Die Polizei identifiziert die Waffe später als AK-47, auch unter dem Namen Kalaschnikow bekannt.

Trump meldet sich via Twitter

US-Präsident Donald Trump, dessen Republikaner strengere Waffengesetze bislang nach jedem Mass Shooting abgewehrt haben, äußert sich nach der Tat auf Twitter und verspricht die volle Unterstützung der Regierung. Auch Dee Margo, der Bürgermeister von El Paso, wendet sich über den Kurznachrichtendienst an die Öffentlichkeit: Er und seine Frau seien "am Boden zerstört" von den tragischen Ereignissen.

Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Beto O'Rourke, der für die Stadt El Paso im US-Repräsentantenhaus saß, zeigt sich am Rande einer Wahlkampfveranstaltung schockiert. O'Rourke sagte nach Bekanntwerden der Gewalttat weitere Termine ab und macht sich auf den Weg zurück in seine Heimatstadt.

Erst am Dienstag waren zwei Menschen im Bundesstaat Mississippi in einem Walmart durch Schüsse getötet worden. Am Wochenende hatte ein 19-Jähriger während eines Festivals in der Kleinstadt Gilroy in Nordkalifornien das Feuer eröffnet und drei Menschen getötet. Der Schütze wurde von Polizisten am Tatort erschossen.

Zur SZ-Startseite

Kriminalität
:Tote und Verletzte bei Schießereien auf US-Volksfesten

In Kalifornien und New York schießen auf Feiern Unbekannte um sich. Insgesamt kommen mindestens fünf Menschen ums Leben.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: