Süddeutsche Zeitung

Eisbär auf Island erschossen:Der weiße Bruno

Keine Gnade für den Gestrandeten: Ein junger Eisbär hat sich von Grönland ins 500 Kilometer entfernte Island verirrt. Die Polizei befürchtete eine Attacke des Raubtiers - und erlegte den Bären.

Unheimliche Begegnung auf einer Farm am Thistilfjordur, einem Fjord im Norden Islands: Nur 100 Meter trennten die Bäuerin Svanhvít Geirsdóttir und den Polarbären. Sie rief die Polizei, und die machte kurzen Prozess. Mit gezielten Schüssen wurde der junge Eisbär erlegt.

So herzlos die Entscheidung anmutet, nach Aussage der Behörden gab es keine Alternative zum Abschuss des Eindringlings. Dem isländischen Rundfunksender RUV erklärte ein Polizeisprecher, es sei wegen der schwierigen Wetterbedingungen unmöglich gewesen, das Tier lebend einzufangen. Bäuerin Geirsdóttir berichtete in der isländischen Zeitung Morgunbladid über ihre Eindrücke: "Er war ziemlich klein, und ich dachte, dass er schrecklich zerzaust wirkte."

Obwohl auf Island eigentlich keine Eisbären vorkommen, hatten bereits 2008 innerhalb weniger Wochen zwei Eisbären schwimmend und auf Eisschollen treibend die 500 Kilometer von Grönland entfernte Insel im Nordatlantik erreicht. Auch damals wurden die Tiere erschossen, weil sie durch den Andrang Schaulustiger in Panik verfielen und losstürmten. Zuvor hatten Tierschützer vergeblich verlangt, die Tiere lebend in ihr natürliches Lebensgebiet in der Arktis zurückzubringen.

Eisbären bevölkern den gesamten arktischen Raum. Sie leben meist das ganze Jahr über auf dem Packeis und auf Eisschollen. Im Gegensatz zu anderen Bären ernähren sich nahezu ausschließlich von Fleisch. Sie zeigen kaum Scheu beim Kontakt mit Menschen und gelten daher als gefährliche Raubtiere.

Die Schar der Abschuss-Gegner ist dennoch groß. Denn nur noch 20.000 bis 25.000 Eisbären leben auf der Erde, seit 2006 werden sie auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten geführt. Weil das Packeis - und damit der Lebensraum der Eisbären - als Folge der Erderwärmung rasant schrumpft, befürchten Naturschützer, dass der Bestand künftig weiter zurückgehen wird. Auch die Verschmutzung der Meere und zunehmender Schiffsverkehr wirken sich negativ auf die Polarbärenpopulation aus.

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sueddeutsche.de/dpa/AFP/kred/kat
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