Einfrier-Forscher Ettinger gestorben:Wie man dem Tod ein Schnippchen schlägt

In den Kühlräumen seines Instituts lagern bereits 106 verstorbene Menschen und 78 tote Haustiere. Nun ist der Unsterblichkeitsforscher Robert Ettinger 92-jährig gestorben und hat seinen Leichnam ebenfalls auf Eis legen lassen - in der Hoffnung, irgendwann wiederbelebt zu werden.

Titus Arnu

Die Qualle Turritopsis nutricula braucht keine Anti-Aging-Kuren und keine Faltencremes. Erstens hat sie keine Falten, zweitens kann sie ihre Körperzellen anscheinend nach Belieben verjüngen. Das Tier altert zwar, ist aber in der Lage, sich durch einen Zellwandlungsprozess in das Stadium der Kindheit zurückzuversetzen. Die Qualle scheint im Prinzip unsterblich zu sein.

Einfrier-Forscher Ettinger gestorben: Selbst ein Unsterblichkeitsforscher ist nicht vor dem Tod gefeit: Im Alter von 92 Jahren ist der US-Wissenschaftler Robert Ettinger jetzt in Michigan gestorben.

Selbst ein Unsterblichkeitsforscher ist nicht vor dem Tod gefeit: Im Alter von 92 Jahren ist der US-Wissenschaftler Robert Ettinger jetzt in Michigan gestorben.

(Foto: oh)

Von dieser Fähigkeit ist der Mensch weit entfernt. Je älter er wird, desto schlaffer, faltiger und schwerfälliger mutet sein Körper an. Es gibt Erwachsene, die sich mental ins Stadium der Kindheit zurückbegeben, aber jünger werden sie dadurch kaum, höchstens lächerlicher.

"Ich will unsterblich werden, indem ich nicht sterbe"

Der Wunsch nach physischer Unsterblichkeit ist so alt wie die Menschheit. Woody Allen brachte es auf den Punkt: "Ich will nicht durch meine Arbeit unsterblich werden, ich will unsterblich werden, indem ich nicht sterbe."

Für Robert Ettinger galt beides, er wollte durch seine Arbeit unsterblich werden, und er hoffte, dadurch selbst ewiges Leben zu erlangen. Ettinger, als Sohn russischer Juden 1918 in New Jersey geboren, las in seiner Jugend viele Science-Fiction-Romane und Hefte wie Hugo Gernsbacks Amazing Stories.

In einer der Geschichten war von einem Wissenschaftler die Rede, dessen Körper nach dem Tod in eine stationäre Umlaufbahn um die Erde geschossen wurde, um ihn dereinst auftauen und wieder zum Leben erwecken zu können.

Von dieser Idee wurde Ettinger sein Leben lang angetrieben. 1976 gründete er in Clinton im US-Bundesstaat Michigan ein Institut, das Tote in der Hoffnung auf den medizinischen Fortschritt einfriert und später einmal wiederbeleben soll.

Hoffen auf die "Freunde in der Zukunft"

In seinem 1964 erschienenen Buch The Prospect of Immortality ("Aussicht auf Unsterblichkeit") stellt Ettinger die These auf, menschliche Körper könnten in großer Kälte auf ewig konserviert werden. Der technische Fortschritt werde es eines Tages erlauben, die Toten zu reaktivieren. "Unsere Freunde in der Zukunft" würden die Eingefrorenen wiederbeleben und heilen, schrieb er.

Mit dieser Theorie der sogenannten Kryonik wurde der Physikprofessor in den 1960er und 1970er Jahren in den USA bekannt und war Dauergast in TV-Sendungen. Sein Cryonics Institute hat nach eigenen Angaben weltweit 935 Mitglieder, im Institut lagern 106 verstorbene Menschen und 78 tote Haustiere. Das Einfrieren kostet 28.000 US-Dollar.

Doch selbst ein Unsterblichkeitsforscher ist nicht vor dem Tod gefeit. Robert Ettinger ist nun im Alter von 92 Jahren in seinem Haus im US-Bundesstaat Michigan gestorben, wie sein Sohn David mitteilte. Ettinger senior sei in dem 1976 von ihm gegründeten Cryonics Institute eingefroren worden und liege nun neben den Leichnamen seiner Mutter und seiner beiden verstorbenen Ehefrauen.

Alle Hoffnungen ruhen nun auf der 1999 im Mittelmeer entdeckten, ewig jungen Qualle Turritopsis nutricula. Allerdings handelt es sich bei dem Tier um ein vier Millimeter kleines, glockenförmiges Glibber-Wesen, das weder sprechen, küssen noch lesen kann. Von Jazz oder einem guten Rotwein hat die Qualle keine Ahnung. Sex hat sie nie, da sie sich ungeschlechtlich vermehrt.

Vielleicht ist die Unsterblichkeit dann doch nicht so super?

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