Pariser Naturisten:"Nackt kann man sich ganz auf die Kunst konzentrieren"

Lesezeit: 2 min

Am Samstag gehen 161 Mitglieder des Pariser Naturisten-Vereins ins Museum für moderne Kunst. Nackt. Was soll das?

Von Nadia Pantel

Der Pariser Naturisten-Verein wurde 1953 gegründet, hat 415 Mitglieder und lädt dreimal die Woche zum gemeinsamen Nacktschwimmen ein. Man könnte von einem eher geruhsamen Vereinsleben sprechen, wäre da nicht der Ausflug am Samstag. Dann werden die Naturisten das Museum für moderne Kunst im Palais de Tokyo besuchen. Innerhalb eines Vormittags waren die 161 Plätze vergeben, Hunderte stehen auf der Warteliste für die Nacktführung. Ein Anruf bei Cédric Amato, Vizevorsitzender der Pariser Naturisten.

SZ: Warum gehen Sie nackt ins Museum?

Cédric Amato: Wir wollen zeigen, dass man überall nackt sein kann. Man muss nicht am Strand oder in der Natur sein, um sich auszuziehen.

Am Strand ist es allerdings oft wärmer als im Museum.

Stimmt! Natürlich ist es am Strand besonders angenehm, nackt zu sein. Aber wenn wir nackt ins Museum gehen, dann zeigt das unsere Freiheit, dann brechen wir aus dem Alltag aus. Und das ist auch sehr angenehm. Vielleicht kann man sogar Kunst besser genießen, wenn man nackt ist.

Warum?

Weil man dann nicht mehr darüber nachdenkt, was man gerade gesellschaftlich repräsentiert. Nackt kann man sich ganz auf die Kunst konzentrieren.

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Lenkt es Sie von der Kunst ab, wenn jemand im schwarzen Rollkragenpullover durch ein Museum läuft?

Ich bin auf jeden Fall entspannter unter Nackten. Man braucht vielleicht so zehn, 15 Minuten, um sich daran zu gewöhnen, dass die anderen keine Klamotten anhaben, aber am Ende fühlt man sich viel wohler. Kleidung ist ja eine Möglichkeit, sich in der Gesellschaft zu verorten. Im Museum laufen zum Beispiel oft diese Familien herum, die schon ihre Kinder in Miniaturanzüge stecken. Das ist doch nicht natürlich. Wenn man nackt ist, ist das ganz anders. Dann hat man nicht mehr das Gefühl, ständig bewertet und in Kategorien sortiert zu werden.

Wenn ich Leute nackt sehe, ordne ich ihre Körper allerdings schon bestimmten Kategorien zu.

Wenn man normale Dinge nackt tut, dann achtet man nicht mehr auf die Körper der anderen. Wir verteidigen die Banalität der Nacktheit, das ist völlig desexualisiert.

Machen bei Ihnen eigentlich genauso viele Frauen wie Männer mit?

22 Prozent unserer Mitglieder sind Frauen. Wir haben angefangen, nackt kegeln zu gehen, das machen auch Frauen gerne mit.

Hat es Sie eigentlich überrascht, dass so viele Leute nackt ins Museum gehen wollen?

Das hat unsere Erwartungen übertroffen, aber wir wussten, dass es sehr viele Naturisten in Paris gibt. Unsere Treffen sind eine tolle Möglichkeit, Menschen zu begegnen, die man sonst nie kennengelernt hätte. Das ist auch nicht schlecht für die Karriere.

Ah ja?

Seit ich im Naturisten-Verein bin, konnte ich mir ein sehr beeindruckendes Adressbuch zulegen. Da sind hohe Beamte drin, ein ziemlich bekannter Politiker, aber auch ganz normale Arbeiter.

War es schwierig, das Palais de Tokyo von Ihrem Besuch zu überzeugen?

Das Palais de Tokyo ist da sehr offen. Die haben auch schon einen Museumsbesuch organisiert, bei dem man mit verbundenen Augen durch die Ausstellung läuft. Für uns ist diese Zusammenarbeit eine tolle Möglichkeit, um zu zeigen, dass es uns gibt. Wir organisieren im Juni den ersten großen Nackt-Tag in Paris. Es haben sich schon mehr als 2000 Leute für unser Nackt-Picknick angemeldet. Wir werden auch Nackt-Yoga veranstalten, und nackte Schauspieler werden vor nacktem Publikum auftreten.

Würden Sie auch gerne nackt in den Supermarkt gehen oder nackt U-Bahn fahren?

Nein, wir sind keine Extremisten. Es gibt keinen guten Grund, nackt U-Bahn zu fahren.

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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