Ein Anruf bei . . .:Martin Eberle, in dessen Museum ein Kind entstand

In Schloss Friedenstein in Gotha wurde offenbar ein Baby gezeugt. So verrät es ein Eintrag im Gästebuch. Der Museumsdirektor findet, dass das wunderbar in die Tradition seines Hauses passt.

Von Martin Zips

Der Museumsdirektor von Schloss Friedenstein in Gotha sucht ein Baby, das mutmaßlich in den historischen Gemäuern gezeugt wurde. Im Gästebuch fand sich folgender Eintrag vom 6. Dezember 2015: "Wir hatten hier unvergessliche Stunden und eventuell unser Kind hier gezeugt. Alex und Gabi." Direktor Martin Eberle hat Alex und Gabi nun ein Überraschungspaket mit der Schlossmaus Casimir versprochen, sollten die beiden sich samt Kind mal bei ihm melden.

SZ: Herr Eberle, waren Alex und Gabi denn schon da?

Martin Eberle: Leider noch nicht. Aber ich muss jetzt schon mal sagen: Da rödelt man sich ab mit Sonderausstellungen, und die Welt interessiert sich letztlich nur für diesen einen Eintrag ins Gästebuch.

Sex macht immer Quote, lieber Herr Eberle. Haben Sie den Eintrag denn selbst entdeckt?

Nein, das war unsere Mitarbeiterin Bärbel. Aber als Museumsdirektor gehe ich natürlich auch regelmäßig die Eintragungen im Gästebuch durch. Es lohnt sich also schon, da was reinzuschreiben.

Ein Anruf bei . . .: Hier vielleicht? Auf der Stufe des Tafelzimmers? Die Museumsleitung rätselt, wo Alex und Gabi sich näher gekommen sein könnten.

Hier vielleicht? Auf der Stufe des Tafelzimmers? Die Museumsleitung rätselt, wo Alex und Gabi sich näher gekommen sein könnten.

(Foto: Stiftung Schloss Friedenstein)

Sex in Ihrem Museum stört Sie nicht?

Nun, wir freuen uns, dass unsere Sammlungen ganz offensichtlich in vielerlei Hinsicht anregend sind. Wissen Sie, in diesen Gemäuern waren ja auch schon Friedrich der Große, Napoleon und Schopenhauer zu Gast.

Welche Plätze in Ihrem Schloss eignen sich denn am besten? Die Fürstengruft? Das Münzkabinett?

Wo sich Alex und Gabi nähergekommen sein könnten, das frage ich mich auch schon seit Tagen. Im Kopf bin ich alle möglichen Orte durchgegangen, aber ich muss sagen: So richtig gemütlich und kuschelig ist es eigentlich nirgendwo bei uns.

Können Sie Beschädigungen im klassizistischen Schlafzimmer des Herzogs ausschließen?

Glücklicherweise ja. Wir wissen eigentlich nur, dass es mit der Zeugung recht schnell gegangen sein muss. So ein Museum ist ziemlich hellhörig - und alleine ist man in unseren Räumen auch nicht. Zumindest nicht lange.

Wurde der Gästebucheintrag denn sowohl von Alex als auch von Gabi unterzeichnet?

Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob es sich nicht um den gleichen Unterzeichner handelt.

Ein Anruf bei . . .: Martin Eberle, 48, ist seit 2007 Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha. Er studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Historische Hilfswissenschaften in München, Bamberg, Jena und Kassel.

Martin Eberle, 48, ist seit 2007 Direktor der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha. Er studierte Kunstgeschichte, Geschichte und Historische Hilfswissenschaften in München, Bamberg, Jena und Kassel.

(Foto: Lutz Ebhardt)

Problematisch.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehen wir von einvernehmlichem Sex aus. Und ein Scherz ist es bestimmt nicht, dann wäre der Eintrag anders formuliert. Jedenfalls ist unser Schloss seit Jahrhunderten ein sinnlicher Ort voller erotischer Geschichten.

Erzählen Sie doch mal.

Zum Beispiel hat einer unserer Herzöge, August, mal eine Porzellantasse in Auftrag gegeben, die gleich mehrfach mit dem männlichen Geschlechtsorgan bemalt ist. Wir bieten diese Tasse auch in unserem Museumsshop an. Der gleiche August hat in unserem Gemäuer liegend und als griechische Göttin verkleidet Johann Wolfgang von Goethe empfangen. Und wenn er in seine Nebenresidenz nach Altenburg fuhr, so hieß es: "Räumt die Pagen weg!" Voltaire nannte den Gothaer Hof in seinen Erinnerungen "Tempel der Grazien".

Ein berühmtes Gemälde, das bei Ihnen hängt, zeigt ein junges, turtelndes Paar. Vorehelicher Sex im 15. Jahrhundert?

Jedenfalls sehr sinnlich. Ich sage ja: Dass Alex und Gabi bei uns ein Kind gezeugt haben, ist alles andere als ausgeschlossen. Das ist doch mal eine gute Nachricht! Warum sollte ich damit nicht locker umgehen? So ein Museum ist halt ein lebendiger Ort.

Sie selbst stammen aus Schrobenhausen. Meinen Sie, ein vergleichbarer Vorfall wäre auch im dortigen "Europäischen Spargelmuseum" denkbar?

Schwierig. Jedenfalls bin ich mir sicher, dass wir als Ort, an dem Herzog Ernst der Fromme, Erbauer von Schloss Friedenstein, mit seiner Frau Elisabeth Sophia 18 Kinder hatte, mit einer solchen Episode sehr entspannt umzugehen fähig sind.

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