Bundestag:Anruf bei Herrn W., Experte für Zeitumstellung

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Gegen die Zeitumstellung regt sich seit Jahren Widerstand. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Die meisten Deutschen wollen ihre Uhren nicht umstellen. Warum müssen sie es trotzdem tun? Im Deutschen Bundestag weiß man Antworten.

Von Martin Zips

In der Nacht zum Sonntag beginnt die Winterzeit, um drei Uhr morgens werden die Uhren auf zwei Uhr zurückgestellt. Seit Jahren aber regt sich Widerstand, gerade erst wieder wurde in einer Umfrage festgestellt, dass 69 Prozent der Deutschen gegen die Zeitumstellung sind. Warum gibt es sie dann noch? Ein Gespräch mit einem Mitarbeiter des zuständigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, der aber namentlich nicht genannt werden möchte. Es würde von der Politik "hinreichend übel genommen, wenn die Verwaltung so offen spricht wie ich".

SZ: Herr W., ich würde gerne die Zeitumstellung abschaffen, bin ich da bei Ihnen richtig?

W.: Ja. Jein.

Ich hätte gerne nur noch Sommerzeit.

Das geht nicht mehr in dieser Wahlperiode. Da hat der deutsche Bundestag schon eine Entscheidung getroffen. Die können Sie im Internet nachlesen.

Die meisten Petitionen, die in Ihrer Verwaltung landen, fordern die Abschaffung der Zeitumstellung, nicht?

Nein. Das waren nur 543 von bisher etwa 30 000 Petitionen in dieser Wahlperiode. Die meisten Petitionen gehen zum Themenbereich A und S ein.

A und S?

Arbeit und Soziales. Steht im Jahresbericht. Finden Sie im Internet.

Wo ich Sie schon mal am Hörer hab' . . .

Der Wortlaut des im Bundestag behandelten Antrags war: "Mit der Petition wird die Aufhebung der zweimal jährlich vorzunehmenden Zeitumstellung gefordert." Der Antrag wurde ans Europäische Parlament weitergeleitet.

Ich habe noch nicht genau verstanden, wann die Umstellung abgeschafft wird.

Unser Präsident hat die Petition an den Präsidenten des Europäischen Parlaments übersandt und der hat sie an den entsprechenden Petitionsausschuss weitergegeben. Und die haben am 14. Juli mal darüber beraten, allerdings die Beratungen noch nicht abgeschlossen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

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Die Umstellung auf Winterzeit bedeutet für die meisten nicht viel Aufwand. Für den Münchner Werner Stechbarth dagegen schon: In seinem Wohnzimmer hängen 365 Uhren.

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Und wenn ich sicherheitshalber auch noch eine Petition stelle?

Dann würden Sie diese Antwort hier erhalten: "Sehr geehrter Herr, der Petitionsausschuss hat Ihr Anliegen aufgrund sachgleicher Eingaben bereits früher geprüft. Ich bitte Sie, das Ergebnis der als Anlage beigefügten Begründung zu einer Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses zu entnehmen, der der Deutsche Bundestag am 13. November 2014 zugestimmt hat. Darüber hinaus können Sie die Begründung auch auf der Homepage . . ."

Langsamer, bitte!

". . . ich möchte Ihre Eingabe deshalb als erledigt ansehen. Sollten aus Ihrer Sicht noch Einwände bestehen, bitte ich um Mitteilung. Mit freundlichen Grüßen. Im Auftrag. Unterschrift."

Meinen Biorhythmus rettet das nicht.

Stimmt.

Russland hat die Sommerzeit abgeschafft. Nordkorea seine Zeitzone um 30 Minuten verschoben. Wieso kriegen wir das nicht hin?

Möchten Sie lieber in Nordkorea leben?

Nein. Aber sollte ich mich vielleicht direkt an den EU-Ausschuss wenden?

Können Sie. Oder Sie wenden sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten. Bei uns haben Sie erst in der nächsten Wahlperiode wieder die Möglichkeit.

Die Mehrheit der Deutschen ist dafür!

"Mehrheit ist der Unsinn. Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen." Schiller.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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