Süddeutsche Zeitung

Ein Anruf bei...:Cornelia Leisch, die Omas zum Lachen bringt

Cornelia Leisch ist Vorsitzende des Europäischen Berufsverbands für Lachyoga und Humortraining e.V. - lustig ist das nicht unbedingt.

Interview von Ulrike Heidenreich

Wenn man die Berufsbezeichnung von Cornelia Leisch liest, fragt man sich zwangsläufig: Kann man diese Frau ernst nehmen? Leisch ist Vorsitzende des Europäischen Berufsverbands für Lachyoga und Humortraining e. V., sie leitet öffentliche Lachtrainings in München. Bundesweit gibt es schon 150 dieser Lachklubs, Tendenz steigend, aber was wie ein Witz klingt, hat einen gar nicht so lustigen Hintergrund: Um alten Menschen Lebensfreude zurückzugeben, ist Leisch gerade dabei, einen gemeinnützigen Verein zu gründen.

SZ: Ihr Projekt heißt "Oma lacht wieder - Gesundheit und Lebensfreude im Alter durch Lachtraining". Frau Leisch, warum lacht denn Oma nicht mehr?

Cornelia Leisch: Weil sie oft traurig ist. Viele alte Menschen sind einsam. Wenn man wenige soziale Kontakte hat, wird man emotional einsilbig. Mit der Zeit verschwindet dann das Lachen. Wenn ich die Frage stelle, was das Schönste oder Lustigste in der vergangenen Woche war, haben die meisten keine Antwort darauf. Die leben vor sich hin und bemerken gar nicht, was eigentlich noch schön ist.

Haben alte Menschen hierzulande insgesamt wenig zu lachen?

Ich kenne wirklich sehr wenige, die wie das blühende Leben durch die Gegend laufen und sagen: Es ist alles super. Wir Deutschen sind zu kritisch mit uns und mit anderen. Mit dieser Haltung verwehrt man sich auch Lebensfreude. Im Alter wird das eher schlimmer als besser.

Spielt da auch die wachsende Altersarmut eine Rolle?

Sicher. Viele alte Menschen müssen den Lebensstandard aufgeben, den sie mal hatten. Ich weiß von Leitern der Alten- und Servicezentren, dass die Leute gerade so mit der Grundsicherung über die Runden kommen, sich aber oft die 3,50 Euro für meinen Lachkurs nicht leisten können. Dabei wäre es gerade für sie so nötig.

Meine Güte, das klingt ja schrecklich traurig. Wie bringt man solche Menschen zum Lachen? Erzählen Sie Witze?

Witze sind völlig ungeeignet für Lachtrainings. Man macht sich da ja sehr schnell lustig über andere. Über einen Witz lacht man drei bis fünf Sekunden höchstens - und nur ein Mal. Nein, im Lachtraining führen wir rein körperliche Übungen durch.

Wie sehen die aus?

Wir atmen viel, fachlich ausgedrückt: Wir stimulieren das Lachen durch Simulieren. Die Stimmbänder und die Atemmuskulatur werden aktiviert. Und wenn man dann noch Begeisterung in die Übungen hineinsteckt, zieht das ein wirkliches Lachen nach sich.

Und wirkt vermutlich ansteckend.

Genau. Wir nennen das auch Lachyoga. Die Übungen dauern eine halbe Minute bis zu einer Minute. Stresshormone werden abgebaut und Endorphine produziert, die sogenannten Glückshormone. Das ist rein motorisch. Probieren Sie es doch selbst: Wenn Sie eine Minute lang die Mundwinkel hochziehen, fühlen Sie sich besser.

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Quelle:
SZ vom 15.06.2016
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