Ein Anruf bei...:Christian Redl, Taucher

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Das ist Herr Redl. Er taucht gerne im Ewigen Eis. (Foto: privat)

Minus zwei Grad im Wasser und minus 30 Grad in der Luft, da können einem schon mal sogar die Freudentränen gefrieren: Der österreichische Apnoe-Taucher Christian Radl über seine neueste Leidenschaft.

Interview von Thomas Becker

In China ist er schon zu versunkenen Städten hinabgetaucht, war mit Haien und Buckelwalen unterwegs und hat die Eishockey-WM unter Eis in einem zugefrorenen See erfunden. Sein jüngstes Projekt führte den österreichischen Apnoe-Taucher Christian Redl, 39, an den Nordpol.

Herr Redl, Tauchen am Nordpol - wie kommt man denn auf so eine Idee?

Christian Redl: 2003 habe ich meinen ersten Weltrekord aufgestellt: 90 Meter Streckentauchen unter Eis, am Weißensee in Kärnten. Schon damals hab' ich mich gefragt, was der spektakulärste Ort für einen Rekord unter Eis wäre. Der Nordpol, logisch. Seitdem habe ich davon geträumt.

Wie tief muss man am Nordpol bohren, bis Wasser kommt?

1,80 Meter. Eine Höllenarbeit, wenn man das per Hand mit Bohrer und Säge machen muss. Aber wir hatten Glück und konnten das Loch eines Forschungsteams benutzen, das wir da zufällig kennengelernt haben.

Wie kalt ist das Wasser?

Zwei Grad minus. Der Nordpol ist der einzige Ort, wo das funktioniert - weil es Salzwasser ist. Im Süßwasser hat das Wasser unter Eis zwei Grad plus.

Und wie kalt war es über dem Eis?

Etwa minus 30 Grad. Empfand ich aber gar nicht so schlimm, weil ich ja in einem dicken Neoprenanzug unterwegs war.

Und dann ging's runter.

Drei Tauchgänge á eine Minute habe ich gemacht, den ersten bis auf 30 Meter Tiefe. Ich wollte halt nicht, dass was passiert. Schließlich waren wir nur zu zweit, und wenn da was passiert, dann hast du ein richtiges Problem. Am Anfang bin ich mit riesigen Erwartungen runter - und dann war alles nur schwarz. Kein Sonnenlicht, nix. Aber beim Auftauchen habe ich dann etwas unglaublich Schönes gesehen: grundschwarze Eisberge so weit das Auge reicht. Die entstehen ja auch unter Wasser.

Wie anders ist das Tauchen unter dem Nordpol denn nun?

Normalerweise hat man unter dem Eis eine kerzengerade Fläche, weil es da nicht diese Verwerfungen gibt. Krass war aber vor allem die Außentemperatur. Wenn ich in Österreich aus einem Eisloch steige, hat es draußen bei Sonne vielleicht null Grad oder ein paar Grad minus - aber nicht minus 30 oder 40! Das ist für den Körper schon eine extreme Belastung. Wenn mir einer sagt, er mag die Kälte, dann muss ich dem sagen: "Du hast noch nie richtige Kälte erlebt!" Mir sind da oben am Pol sogar die Freudentränen angefroren. Die Haut, die am Freien ist, bekommt sofort Frostbeulen. Aber es ist trotzdem ein gutes Gefühl.

Und was ist Ihr nächstes Projekt?

Der magnetische Südpol, im Dezember 2016. Vorher will ich aber noch einen Weltrekord am Weißensee aufstellen: 75 Meter unter Eis.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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