Ein Anruf bei...:Bart Schenning, Mammutskelett-Verkäufer

Der Blumenverkäufer und Hobby-Paläontologe aus den Niederlanden hat sein Lieblingsstück abzugeben - weil er Platz für was Neues braucht.

Interview von Moritz Geier

Das Internet-Auktionshaus Catawiki hat gerade ein ziemlich uriges Stück im Angebot: das Skelett eines Wollhaarmammuts. Genauer gesagt: ein aus etwa 270 verschiedenen Mammuts zusammengesetztes 1500-Kilogramm-Trumm. Experten schätzen den Wert auf bis zu 260 000 Euro, die Auktion läuft bis Sonntag. Aktueller Besitzer des drei Meter hohen Skeletts ist Niederländer Bart Schenning, 39, Blumenverkäufer und Hobby-Paläontologe.

SZ: Nichts für ungut, Herr Schenning, aber: Wer soll sich dieses Mammut denn ins Wohnzimmer stellen?

Bart Schenning: Das kann man nie wissen, vielleicht hat jemand ja ein Privatmuseum, in China zum Beispiel. Oder ein Ölscheich aus den Emiraten. Das Skelett muss ja nicht in einem Wohnzimmer landen.

Wo haben Sie es denn untergebracht?

Auf dem Gelände meines Blumenladens. Dort steht eine, sagen wir mal, Garage für das Mammut. Das Dach musste ich irgendwann erneuern lassen. Es ist jetzt aus Metall und ein bisschen höher, sonst könnte das ganze Mammut da nicht stehen.

Dem Mammut muss es gutgehen bei Ihnen, Sie haben ihm sogar einen Namen gegeben.

Ja, Bart, das ist ein bisschen egoistisch, aber an dem Mammut habe ich unglaublich fanatisch gearbeitet, zehn Jahre lang.

Ihre arme Frau!

Ja, die findet das ein bisschen krank. Aber es ist mein Hobby, ich liebe Fossilien. Andere haben Oldtimer, ich habe ein Mammut. Wussten Sie, dass die Nordsee der größte Mammutfriedhof der Welt ist?

Bart Schenning, Blumenverkäufer aus den Niederlanden, versteigert sein Mammut-Skelett

Gestatten, Bart, das Wollhaarmammut. Seine Knochen stammen allerdings wohl von 270 verschiedenen Tieren.

(Foto: privat)

Ach, wirklich?

Die Knochen kommen alle vom Boden der Nordsee. In der letzten Eiszeit, vor etwa 50 000 Jahren, war zwischen Holland, England und Deutschland noch kein Wasser, sondern Eis. Dann ist es geschmolzen. Fischer haben mit ihren Fangnetzen vom Grund der Nordsee immer wieder alte Knochen mit hochgezogen.

Und Sie haben den Fischern die Knochen abgekauft?

Na ja, abgekauft. Meistens ging das mit einer Flasche Whiskey oder einem Kasten Bier.

Darauf muss man erst mal kommen.

Ja. Wenn ich das mal erklären darf: Knochen sammeln, das kann jeder. Viele Knochen sammeln, das kann auch jeder. Aber den letzten Knochen zu finden für das Gesamtmodell, den zweihundertsiebzigsten, das hat zwei Jahre gedauert. Bei mir war das der sechste Halswirbel, den hatte keiner. Was für eine Freude das war: Irgendwann habe ich ihn bei einem Fischer in Hoek gefunden.

Und dann für eine Flasche Whiskey erstanden?

Nein, da habe ich ein bisschen getauscht mit anderen Sachen, die ich doppelt hatte. Ich habe unzählige Knochen zu Hause.

Noch mehr?

Ja, natürlich. Auch Nashornknochen, Bären, Riesenhirsche. Deswegen verkaufe ich auch mein Mammut. Nicht wegen des Geldes oder so. Nein, ich brauche Platz!

Sie könnten doch ein eigenes Museum eröffnen.

Nein, jedes große Museum in Holland hat schon ein Mammut. Das ist das Problem hier, deswegen kauft kein Museum mein Exemplar. Mammuts sind perfekt erforscht. Also wissenschaftlich gesehen ist Holland nicht sehr begeistert von einem weiteren Skelett.

Bart Schenning, Blumenverkäufer aus den Niederlanden, versteigert sein Mammut-Skelett

Bart Schenning, 39, hat außer einem Mammutskelett auch das Skelett eines Eiszeit-Pferds rekonstruiert. Zu Hause in Gaanderen (Gelderland) sammelt der Niederländer alte Knochen. Die Doppelten benutzt er als Tauschmittel.

(Foto: privat)

Dabei steckt so viel wissenschaftliche Arbeit dahinter.

Oh ja. Natürlich waren viele von den Knochen ein bisschen zerbrochen, ich musste das alles wieder zusammensetzen. Und ich musste sie präparieren, über Monate entsalzen und dann mit einem speziellen Kleber bestreichen.

Und fertig ist Bart, das Mammut.

Warten Sie, es ist nicht so leicht. Erst musste ich eine Stahlkonstruktion bauen und dann die Knochen an die richtige Stelle bringen. Sie kommen wahrscheinlich von 270 verschiedenen Mammuts, aber ich habe darauf geachtet, dass alle Knochen zusammenpassen, es ist ja ein männliches Exemplar. Und viele komplett vollständige wird es nun nicht mehr geben.

Wieso?

Seit ein paar Jahren kommen keine Knochen mehr aus der Nordsee, weil die Fischer nicht mehr mit Netzen fischen dürfen. Zum Schutz des Meeresbodens. Sie verwenden nun elektrischen Strom.

Nicht so schlecht für Barts Marktwert.

Ja, die Garage könnte bald leer sein. Aber nicht lange: Mit meinen restlichen Knochen mache ich mir einfach ein neues Mammut!

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