Ehepaar Trump:Wo war Melania Trump?

Rekordverdächtige 24 Tage hat sich die Gattin von US-Präsident Donald Trump nicht öffentlich blicken lassen. Aber ihr wird verziehen. Weil alle wissen, wer ihr Mann ist.

Von Thorsten Denkler, New York

Der brasilianische Satiriker Felipe Sobreiro hatte keine Ahnung, dass sein kleiner Twitter-Scherz auf Kosten der First Lady solche Folgen haben würde. Er schrieb einen Tweet in ihrem Namen so, dass die Anfangsbuchstaben der vier Zeilen das Wort "Help" ergeben, Hilfe. Das Wort hat er rot markiert. Er postete die Zeilen vergangene Woche mit dem Twitter-Konterfei von Melania Trump, der Frau von US-Präsident Donald Trump. Andere Nutzer haben das Bild weitergeleitet, Hundertausende dachten plötzlich, es wäre wahr. Melania Trump ist in Not, ihr muss geholfen werden.

Die Geschichte wäre zu vernachlässigen, würde sie nicht jenes Bild bedienen, das viele in den USA von Melania Trump haben: Sie gilt als ein Opfer von Donald Trump. Und darum wird ihr viel verziehen.

Zum Beispiel, dass sie sich bis zu diesem Montagabend im Juni 24 Tage nacheinander nicht hat in der Öffentlichkeit blicken lassen. Und selbst der Termin am Montag - ein Empfang für Familien, die einen Angehörigen im Militäreinsatz verloren haben - fand unter Ausschluss der Medien statt. Ihre Sprecherin teilte mit, dass Melania Trump sich dem amerikanischen Volk voraussichtlich nicht vor Ende Juni zeigen werde. Das bedeutet auch, dass sie ihren Gatten Ende der Woche nicht zum G-7-Gipfel nach Kanada begleitet. Und voraussichtlich auch nicht dabei ist, wenn er am 12. Juni in Singapur auf den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un trifft.

Mit den 24 Tagen hat Melania Trump offenbar einen Rekord aufgestellt. Keine Präsidentengattin hat länger auf öffentliche Auftritte verzichtet, schreibt die New York Times. Die First Ladys sind das Spezialgebiet der Historikerin Katherine Jellison von der Ohio University. Sie sagte dem Blatt, sie wisse gar nicht, wie sie diese Absenz nennen soll: "Erholung von der Rolle als First Lady? Urlaub von der Rolle? Oder nur eine Zeit der Genesung?"

First Lady ist in den Augen vieler Amerikaner ein Vollzeitjob und eine große Ehre zugleich. Normalerweise würden sie sich gehörig auf den patriotischen Schlips getreten fühlen, wenn eine First Lady erkennbar die Arbeit verweigern würde.

Melanias Abwesenheit wurde genau verfolgt. Die ersten eineinhalb Wochen immerhin war sie grob entschuldigt. Vier Tage nach ihrem vorerst letzten öffentlichen Auftritt - Begrüßung dreier von Nordkorea freigelassener US-Bürger am 10. Mai - musste sie sich einer medizinischen Nieren-Behandlung unterziehen. Erst nach fünf Tagen wurde sie am 19. Mai wieder aus dem Walter Reed National Military Medical Center entlassen. Über die genauen Gründe für den langen Aufenthalt schwieg sich das Weiße Haus aus. Möglicherweise möchte Melania Trump ihren Gesundheitszustand für sich behalten.

Dennoch werden die Spekulationen von Tag zu Tag wilder. Sie sei klammheimlich nach New York zurückgezogen. Sie habe entschieden, mit dem Sonderermittler in der Russland-Affäre, Robert Mueller, zusammenzuarbeiten, um gegen ihren Mann auszusagen. Sie arbeite an einem Buch, in dem sie die ganze Wahrheit über ihren Mann ans Licht bringen wolle. Ihr Mann sei übergriffig geworden, weshalb sie nicht mehr so tun wolle, als sei alles in Ordnung.

Nichts davon ist belegt. Auffällig ist allerdings, dass sich keine der Spekulationen gegen Melania persönlich richten. Sondern fast immer gegen ihren Mann. Donald Trump aber hat es dann auch noch fertiggebracht, in einem Tweet, in dem er von der Rückkehr seiner Frau aus dem Krankenhaus berichtet, ihren Namen falsch zu schreiben. Melanie statt Melania.

Vergangenen Donnerstag brach sie ihr Schweigen. In einem Tweet erklärte sie, dass die Medien offenbar Überstunden machen würden, um darüber zu mutmaßen, wo sie sei und was sie mache. "Seid versichert, ich bin hier, im Weißen Haus, mit meiner Familie, ich fühle mich großartig und arbeite hart für Kinder und das amerikanische Volk."

Wie hält Melania das nur aus?

Aber auch der Tweet hat wieder Fragen aufgeworfen: Wenn sie sich so großartig fühle, warum war sie dann nicht am Tag zuvor auf dem Südrasen des Weißen Hauses und hat am Sport- und Fitnesstag teilgenommen? Und warum war sie nicht am gleichen Tag an der Seite ihres Mannes, als der sich im Oval Office mit Kim Kardashian hat ablichten lassen?

Am Freitag wurde Trump kurz vor seinem Abflug nach Camp David gefragt, wo denn seine Frau sei. Er antwortete: "Ihr geht es großartig. Sie sieht von dort zu uns herunter." Und zeigte mit dem Finger auf ein Fenster des Weißen Hauses. Reporter berichten, dass dort niemand zu sehen war.

Dabei schien Melania Trump in der Rolle der First Lady angekommen zu sein, die ihr am Wahlabend im November 2016 so überraschend zuteilwurde. Nach anfänglichem Zögern erschien sie immer öfter im Rampenlicht. Mit großem Aufwand hat sie den Staatsbesuch von Brigitte und Emmanuel Macron Ende April im Weißen Haus vorbereitet. Am 7. Mai präsentierte sie schließlich auf dem Rasen des Weißen Hauses ihre Kinder-Initiative "Be Best". Sie schien ihr Thema gefunden zu haben.

Auf der Webseite der Initiative empfiehlt sie, dass Kinder schon früh lernen sollten, sich gut und wertschätzend in den sozialen Medien zu verhalten. Etwas, das ihr Mann nie gelernt zu haben scheint. Und das als wohldosierter Seitenhieb gegen ihren Mann verstanden wurde. Dazu kommen die vielen Bilder und Videos, auf denen sie erkennbar die Hand ihres Mannes zurückweist. Oder ihr das Lächeln wegbricht, sobald sich ihr Mann von ihr wegdreht.

Vor dem Hintergrund diverser Geschichten über Donald Trumps Affären, etwa mit Porno-Stars, seinen bezeugten Übergriffigkeiten in Umkleidekabinen von Miss-America-Wahlen oder vor und in Aufzügen ergibt sich ein desaströses Gesamtbild dieser Ehe. Auf Twitter hatte einige Zeit der Hashtag #sadMelania Konjunktur, traurige Melania. Die Los Angeles Times fragte Ende Februar: Wie viel Erniedrigung kann Melania Trump noch ertragen? Dass sie sich nun offenbar ein paar Tage Auszeit nimmt, wird ihr deshalb von den meisten gegönnt.

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