Ehemaliger Formel-1-Pilot:Schumacher braucht eine Schutzmauer

Ehemaliger Formel-1-Pilot: Michael Schumacher befindet sich jetzt zur Reha in Lausanne. Wie es ihm genau geht, ließ seine Managerin offen.

Michael Schumacher befindet sich jetzt zur Reha in Lausanne. Wie es ihm genau geht, ließ seine Managerin offen.

(Foto: Sven Simon/imago)

Vor 169 Tagen zog sich der frühere Formel-1-Pilot beim Skifahren ein Schädel-Hirn-Trauma zu. Nachdem er jetzt das Krankenhaus verlassen hat, soll Schumachers Genesung außerhalb der Öffentlichkeit stattfinden. Seine Managerin will ihn schützen.

Von Michael Neudecker

Das Fernsehen hat am Montag wieder diese Bilder gezeigt, Schumacher im Rennanzug, Schumacher im Skianzug, und dann die Bilder von den Pressekonferenzen mit den Ärzten des Klinikums in Grenoble, Schumachers behandelnden Ärzten. Es sind alte Bilder, denn es gab zu dieser Nachricht keine neuen, nicht so schnell. Es gab nur diese Mitteilung von Michael Schumachers Managerin Sabine Kehm, fünf Zeilen lang, sie beginnt so: "Michael hat das CHU Grenoble verlassen, um seine lange Phase der Rehabilitation fortzusetzen. Er ist nicht mehr im Koma." Die Mitteilung kam am Montag, später Vormittag. Sie war auf einmal da.

Es dauerte dann nur Minuten, bis die Reaktionen-Maschinerie ansprang, Kommentare und Glückwünsche und Freudenrufe von überall, aus Brasilien, aus den USA, im Internet. "Was für eine großartige Nachricht", teilte der Fußball-Nationalspieler Lukas Podolski mit; er sei "ein riesen Schumacher-Fan", sagte der Golfprofi Martin Kaymer, gerade US-Open-Sieger geworden; der unermüdlich twitternde Hans Sarpei schrieb: "Eine Botschaft, die schöner ist als jeder Sieg."

Hans Sarpei war früher Fußballprofi, ein Sportler, nicht ganz so erfolgreich wie der Rennfahrer Schumacher, der sieben Mal Weltmeister wurde, der Beste, den es je gab in der Formel 1: einer Branche, die sich in Rundenzeiten misst. Sieg oder Niederlage, so einfach ist die Sache im Sport, aber um solche Dinge geht es für Michael Schumacher schon lange nicht mehr.

Reha außerhalb der Öffentlichkeit

Schumacher ist bei einem Skiunfall verunglückt, mehr als fünf Monate ist das her, genau 169 Tage, wie die Nachrichtenagenturen nun vorrechnen. Er lag seitdem im Centre Hospitalier Universitaire Grenoble im Koma, lange war er in Lebensgefahr, vor allem anfangs gab es wilde Spekulationen, düstere Prognosen. Auch jetzt, am Montag, war das wieder so, sprachen Ärzte von irgendwo über Folgeschäden, mutmaßten Reporter über das, was kommen könnte, wollten verschiedene Medien erfahren haben, dass Schumacher auf Berührungen seiner Frau und seiner Kinder reagiere, die Augen immer wieder geöffnet habe. Offizielle Mitteilungen von Managerin Kehm gab es allerdings seit April schon nicht mehr, und die neueste Aussendung lässt keinen Zweifel, dass das so bleiben wird: Es werde um Verständnis gebeten, "dass seine weitere Rehabilitation außerhalb der Öffentlichkeit erfolgen soll", so schloss die Mitteilung vom Montag, verbunden mit höflichen, aber nachdrücklichen Hinweisen; für Nachfragen war Kehm nicht zu sprechen. Sie hat in den vergangenen Monaten eine Mauer um Schumacher gezogen, sie hat ihn beschützt, so gut sie konnte, ganz so, wie ihr Job es verlangt. Am Montag ist die Mauer noch ein bisschen höher geworden.

Michael Schumacher, 45, lag 169 Tage im Koma, seit Januar lief die Aufwachphase, die erst jetzt zu Ende gegangen ist, das ist das, was man weiß. Man weiß außerdem: 169 Tage sind eine lange Zeit.

Schumacher glaubt an Schicksal

Sicher, eine Sache weiß man auch noch, keine Mauer ist ja unüberwindbar: Schumacher ist in die Schweiz verlegt worden, nach Lausanne. Der Sprecher des Universitätsklinikums CHUV Lausanne, ein gewisser Darcy Christen, bestätigte auf Nachfrage verschiedener Medien: "Herr Schumacher wurde heute Morgen im CHUV aufgenommen." Seine Familie sei außerdem bei ihm, und zwar "in einem speziell für ihre Privatsphäre eingerichteten Ort, der zudem die bestmögliche medizinische Versorgung ermöglichen soll". Weiterhin aber wolle die Klinik "wie bei jedem Patienten die medizinische Verschwiegenheitspflicht respektieren". Die mit seiner Rehabilitation betrauten Ärzte wissen sehr wohl: Schumacher braucht die Mauer, um die Ruhe zu bekommen, die für eine Genesung zwingend ist.

"Das Schicksal wird für mich entscheiden, wann und wo. Das muss nicht der Sport sein, das kann jederzeit passieren, an jedem Ort", auch dieses Zitat war am Montag wieder zu hören und zu lesen, Michael Schumacher hat das gesagt, nach einem Unfall 1999. Es ist ein bisschen unheimlich, wie Schumacher diese Sätze vor fünf Monaten eingeholt haben, wie sie nun immer wieder kommen, und es wird noch länger dauern, bis dieses Zitat wieder von den Archiven verschluckt wird, in denen es bis zum 29. Dezember war. Wie lange, das ist natürlich ungewiss.

Aber Schumacher ist, das immerhin, durch die Verlegung zumindest wieder ein bisschen näher an sein Zuhause herangerückt. Von Lausanne zu seinem Anwesen in Gland sind es nur 44 Kilometer.

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