Ehemalige französische Ministerin:Femme fatale verlangt Vaterschaftstest

Zunächst verheimlichte sie den Vater ihres Kindes. Jetzt will Frankreichs frühere Justizministerin Rachida Dati den Casino-König Dominique Desseigne per Gerichtsbeschluss zum Vaterschaftstest zwingen. Doch dieser Schritt kostet sie wohl ihren Ruf.

Michael Kläsgen, Paris

Die ehemalige französische Ministerin Rachida Dati muss um ihren Ruf fürchten.

Die ehemalige französische Ministerin Rachida Dati muss um ihren Ruf fürchten.

(Foto: REUTERS)

Jetzt hat sie eine Feministen-Organisation gegründet. Kein Scherz. Ausgerechnet sie: Rachida Dati. Die in Ungnade gefallene Sarkozy-Ministerin mit ihrem Faible für Dior-Kleider. Die französische Europa-Abgeordnete, die schon mal "Inflation" mit "Fellatio" verwechselte. Die "Powerfrau", die nur fünf Tage nach dem Kaiserschnitt in High Heels und engem Kostüm über den Ehrenhof des Elysée-Palastes stöckelte und damit Feministinnen, ganz normale Mütter, aber auch Frauenärzte auf die Palme brachte. Nun hat sie sich zur Ehrenpräsidentin von "Encore elles" ernannt.

Andererseits: Im Moment ist die schöne, flamboyante Aufsteigerin mit dem Migrationshintergrund alleinerziehende Mutter. Wer ihr das Kind schenkte, ist offiziell weiter ein Geheimnis. Dati, 46, bestand anfangs selbst auf absolutem Stillschweigen. Vor fast vier Jahren, als die kleine Zohra zur Welt kam, schmetterte sie Nachfragen über die Identität des Vaters ab. Non, non, non. Sie wolle den Mann, sich und ihre Tochter schützen. Vor der Presse. Dem Trubel. Dem ganzen Stress. Und jetzt?

Jetzt zerrt sie Dominique Desseigne, einen ausgesprochen wohlhabenden und soignierten Herrn - manche wiederum nennen ihn einen halbseidenen Playboy - vor Gericht, damit er sich endlich zur Vaterschaft bekenne. Ein überraschender Sinneswandel, den Dati mit dem allzu simplen Satz begründete, es sei jetzt wirklich an der Zeit, dass die kleine Zohra "die Wahrheit über ihre Herkunft" erfahre.

Dati hatte geschwindelt

Als die französische Presse vorab über den Gerichtstermin berichtete, dementierte Dati noch hitzig und entschieden: "Verleumdung", "Geschwätz", immer "diese sogenannten Journalisten mit ihren krankhaften Praktiken", schäumte Frankreichs einstiger Polit-Star. Die Tochter habe deswegen einen Tag in der Vorschule verpasst. Unglaublich. "Damit muss jetzt Schluss sein." Dann fand der Gerichtstermin statt, hinter verschlossenen Türen. Dati hatte geschwindelt. Trotz der Vorgeschichte muss man anerkennen, dass sie Courage hat. Auch im Frankreich des 21. Jahrhunderts gehört eine Portion feministischer Durchsetzungskraft dazu, vor aller Welt den anonymen Vater des eigenen Kindes zu benennen.

Das Recht nämlich ist auch nach all den Jahrhunderten männerfreundlich, jedenfalls auf den ersten Blick. Keiner muss seine DNA für einen Vaterschaftstest zur Verfügung stellen, wenn er nicht will. Und Dominique Desseigne, 68, Frankreichs Casino-König, Luxushotelbetreiber und Sarkozy-Freund, will das keinesfalls. Diese beharrliche Weigerung könnte sich nun allerdings zu seinen Ungunsten auswirken.

Wie die bisherige Rechtsprechung zeigt, interpretieren Frankreichs Richter die Gentest-Scheu häufig als Eingeständnis der Vaterschaft. Am Ende bleibt den Männern in solchen Fällen nichts anderes übrig, als in Berufung zu gehen und dann doch noch die Abstammungsanalyse vorzulegen.

Jetzt muss sie um ihren Ruf fürchten

Warum zettelt Dati das alles jetzt an? Natürlich geht es ihr auch ums Geld. Als ehemalige Ministerin, amtierende Europaabgeordnete und Bezirksbürgermeisterin des siebten Pariser Arrondissements treiben sie zwar keine finanziellen Sorgen um. Desseigne allerdings spielt in einer anderen Liga. Er gebietet über 16 Luxushotels der Marke Barrière, 39 Spielkasinos und 90 Restaurants, darunter das Fouquet's auf den Champs-Elysées, wo er 2007 nach dem Wahlsieg von Nicolas Sarkozy mit dem neuen Präsidenten und seinen reichsten Freunden (und natürlich mit Madame Dati) den Sieg feierte. Das kleine Imperium hat Desseigne bezeichnenderweise selbst durch eine vorteilhafte Heirat geerbt. Zwei Kinder hat er. Falls Zohra seine Tochter sein sollte, dürfte auch sie einen Teil des Erbes beanspruchen, einmal abgesehen von den Unterhaltsansprüchen ihrer Mutter.

Dafür hat Dati allerdings einen Preis zu zahlen. Feinde hat sie ja immer gehabt, jetzt muss sie um ihren Ruf fürchten. Desseigne entzieht sich nicht nur dem Vaterschaftstest, er überzieht Dati auch mit einer Diffamierungskampagne. Sein Anwalt breitet in aller Öffentlichkeit aus, mit wem Madame damals alles das Bett geteilt haben soll. Er kommt auf acht Männer, darunter ein Bruder Sarkozys, der frühere spanische Regierungschef José-Maria Aznar, ein Konzernchef, ein Minister und ein Fernsehmoderator.

Jeder könnte der Vater sein

Das mutmaßliche Liebesleben von Rachida Dati interessiert längst nicht mehr nur den Boulevard. Die Bestandsliste ihrer angeblichen Liebhaber veröffentlichte die Zeitung Le Monde in ihrem Magazin. Viele der angeblichen Bettgefährten haben die Behauptung zwar bestritten. Die Botschaft Desseignes bleibt dennoch haften. Sehr unfein insinuiert er, dass Dati bei der Männerwahl nicht allzu wählerisch ist. Jeder könne der Vater ihres Kindes sein. Er selbst habe mit der Angelegenheit nichts zu tun - es sei nur eine kurze Liaison gewesen. Ende 2007 habe er mit Dati Weihnachten auf Mauritius gefeiert, die Beziehung aber im Februar 2008 schon wieder beendet, weil er kein weiteres Kind haben wollte. Da war er 64. Ausführlich diskutiert wird nun, ob Dati den armen reichen Mann benutzte, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen.

So muss die einstige Ikone mit ansehen, wie ihr Stern sinkt. Eben galt sie noch als Vorzeigeministerin und Vorbild für die Immigrantenkinder der Republik, da sie selbst ja mit elf Geschwistern am Rand von Chalon-sur-Saône aufgewachsen ist, der Vater ein marokkanischer Maurer, die Mutter eine algerische Hausfrau. Nach dem Aufstieg erfolgt nun die Demontage.

"Ich habe immer genau gewusst, was ich tue, und nichts dem Zufall überlassen", sagte Dati neulich noch stolz über sich. Auch da scheinen Aussage und Wirklichkeit nicht ganz übereinzustimmen.

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