Süddeutsche Zeitung

Edelsteine:Sierra Leones "Friedensdiamant" verscherbelt

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50 Millionen Dollar waren als Preis für den Diamanten prognostiziert. Gerade einmal einen Bruchteil davon hat der 706-Karat-Stein aus Sierra Leone auf einer Auktion in New York erzielt: 6,5 Millionen Dollar bezahlte der Händler Laurence Graff aus London, einer der reichsten Briten mit massig bestücktem Diamantenkästchen.

Was für Graff ein Schnäppchen sein muss, ist für die Bevölkerung von Sierra Leone eine Enttäuschung. Schließlich handelt es sich bei dem Stück mit einem Gewicht von etwa 142 Gramm um einen der größten jemals gefundenen Diamanten, der entsprechend viel Geld bringen sollte. Mitarbeiter eines Pastors hatten den Stein, der in einer Mine im Osten des Landes entdeckt wurde und den sie zunächst für einen Klumpen getrocknetes Palmöl hielten, dem Staat übergeben.

Reich an Rohstoffen, haufenweise Korruption

Eine Neuheit, denn obwohl Schürfer verpflichtet sind, größere Fundstücke an die Behörden zu geben, waren in der Vergangenheit immer wieder Steine aus Sierra Leone weltweit bei Auktionen aufgetaucht. Schürfer hatten sie auch aus Angst vor korrupten Beamten, die sich immer wieder an den Bodenschätzen des Landes bereichert hat, verdeckt außer Landes gebracht und auf dem Schwarzmarkt verkauft.

Nicht so Pastor Emmanuel Momoh. Er hatte die Übergabe seines Fundstücks an Sierra Leones Präsidenten allerdings an eine Bedingung geknüpft: Der Erlös aus dem Verkauf soll zum Großteil der Bevölkerung zu Gute kommen. Vor allem den Einwohnern der Region Kono, wo Momoh den Diamanten fand, soll das Geld Zugang zu sauberem Wasser, Strom, medizinischer Versorgung und Schulbildung ermöglichen. Und auch er selbst will ein wenig davon profitieren: "Ich beteilige mich gerne am Aufbau meiner Gemeinschaft. Aber ich will in zehn oder fünfzehn Jahren auch kein Bettler sein", sagte er. Für die Regierung war es eine gute Möglichkeit, international ein Zeichen zu setzen und die Zeit der "Blutdiamanten" hinter sich zu lassen.

Sierra Leones Böden sind reich an Rohstoffen. Mehr als 50 000Menschen starben zwischen 1991 und 2002 in einem Bürgerkrieg, der entscheiden sollte, wer die Minen im Land beherrscht. Mithilfe der Diamanten kauften die Bürgerkriegsparteien Waffen - während die Bevölkerung ausgebeutet wurde.

Im Frühjahr war eine erste Auktion des Edelsteins ergebnislos geblieben. Damals hatte der als "Peace-Diamond" bekannte Diamant ein Gebot von 7,7 Millionen Dollar erzielt, das die Regierung als unzureichend zurückgewiesen hatte. Nun müssen sich alle Beteiligten mit einer Million Dollar weniger zufrieden geben. Von den 6,5 Millionen Dollar gehen 26 Prozent an die fünf Schürfer, die den Diamanten zu Tage förderten. Demnach erhält jeder von ihnen 339 000 Dollar. Der Rest soll nach Angaben der Regierung an die Finanzverwaltung sowie einen Fonds zur Entwicklung der Schürfregionen gehen. "Vielleicht ist das der Preis der Transparenz", sagte der Martin Rapaport, dessen Unternehmen die Auktion in New York organisiert hat.

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