Verkehr:"E-Scooter sollten verboten sein"

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Vor allem Jugendliche lieben die Roller und verhalten sich mit diesen nicht immer regelkonform. (Foto: Stefan Zeitz/imago)

Immer häufiger kommen Menschen bei Unfällen mit elektrischen Rollern zu Schaden. Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier hält nichts von Strafen. Er setzt auf eine drastischere Maßnahme.

Interview von Tobias Bug

Die Zahl der Unfälle mit E-Scootern ist im vergangenen Jahr um zwei Drittel und damit deutlich gestiegen: Das Statistische Bundesamt zählt insgesamt 8260 Unfällen, bei denen im vergangenen Jahr Menschen zu Schaden gekommen sind. Elf Menschen sind sogar gestorben. Der Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier möchte E-Scooter am liebsten komplett aus dem öffentlichen Verkehr verbannen.

SZ: Herr Fastenmeier, was haben Sie gegen E-Scooter?

Wolfgang Fastenmeier: Das Hauptproblem ist, dass E-Scooter Kraftfahrzeuge sind. Das verstehen vermutlich viele der Fahrerinnen und Fahrer nicht. E-Scooter kommen aus dem Spaß- und Spiel-Bereich - allerdings ursprünglich ohne Motor. Seit 2019 haben sich Roller mit Elektro-Antrieb zu einem Verkehrsmittel im öffentlichen Raum entwickelt. Gefährlich wird es, wenn man zu zweit auf einem E-Scooter unterwegs ist, gegen die Fahrtrichtung oder auf Gehwegen fährt. Das ist zwar alles verboten, aber viele halten sich nicht daran.

Wie erklären Sie sich den deutlichen Anstieg der Unfallzahlen?

Erst seit knapp vier Jahren sind die Scooter als Elektrokleinstfahrzeuge erlaubt, ihre Anzahl im öffentlichen Raum steigt immer weiter an. Da ist es nur natürlich, dass die Unfallzahlen ebenfalls nach oben gehen.

Wolfgang Fastenmeier ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie. (Foto: Psychologische Hochschule Berlin)

Woran liegt es, dass viele Fahrer offenbar Umgang und Geschwindigkeit der E-Scooter unterschätzen?

Für den richtigen Umgang mit einem E-Scooter braucht man schon eine eine minimale Form von Übung. Daneben geht es vielleicht auch um die Frage: Aus welchen Gründen fährt man mit einem E-Scooter? Man hat schon früh festgestellt, dass sie nicht unbedingt als sinnvolles Verkehrsmittel eingesetzt werden, sondern eher dem Spaß dienen: Die Leute fahren mit einem E-Scooter fast ausschließlich im Freizeit- oder touristischen Bereich. Die Annahme, dass E-Scooter für die Überbrückung kurzer Distanzen, der sogenannten "letzten Meile" genutzt werden, war schon immer falsch.

In 18 Prozent der Unfälle war Alkohol im Spiel. Für E-Scooter gilt die gleiche Promillegrenze wie beim Auto. Ist das ausreichend?

Strafen wie etwa Bußgelder oder Punkte in Flensburg halte ich für nicht so effektiv. Es zeigt sich ja in vielen Bereichen, dass Bestrafung nicht unmittelbar auf Motivation und Einstellung einwirkt. Ich denke, es müsste eher in eine andere Richtung gehen. Ich bin dafür, dass man für E-Scooter eine eigene Führerscheinklasse schafft mit niedrigschwelligen Qualifikationsanforderungen, ähnlich dem Mofa-Führerschein und so das Bewusstsein für den richtigen Umgang mit dem Verkehrsmittel schärft.

Vier von zehn Unfallbeteiligten waren jünger als 25 Jahre. Wieso sind es gerade die Jungen, die zu Schaden kommen?

Am häufigsten fahren junge Männer mit E-Scooter. Sie neigen eher dazu, sich im Straßenverkehr risikofreudig zu verhalten. Das macht sich dann auch in der Zahl der Unfälle bemerkbar.

Bei manchen E-Scootern muss man abends einen Reaktionstest machen, um Nüchternheit zu demonstrieren. Sind solche Tests sinnvoll?

Sie können ein mögliches Hilfsmittel sein, aber das Entscheidende ist: Wenn die zugrundeliegende Motivation und Einstellung nicht stimmen, dann hilft auch der Reaktionstest nichts. Den kann man ja auch umgehen.

Es gibt Forderungen nach einer Helmpflicht für die Scooter. Was halten Sie davon?

Ich bin kein Freund der Helmpflicht. Jeder soll seinen Helm tragen, wenn er möchte. Außerdem schützt der Helm ja auch nicht vor allem. Bei Fahrradunfällen sind viel öfter die Extremitäten von Verletzungen betroffen. Bei E-Scootern wird das nicht grundlegend anders sein. Viele Kopfverletzungen betreffen nur das Gesicht, bei dem der Helm nicht oder nur wenig hilft.

Die Stadt Paris hat vor Kurzem entschieden, E-Scooter zu verbieten. Wäre das eine Lösung für Deutschland?

Ich habe schon bei den Plänen zur Einführung als Kleinstfahrzeuge gesagt: E-Scooter sollten verboten sein. Man kann mit ihnen im privaten Bereich oder in entsprechend ausgewiesenen Bereichen fahren. Aber ein Spaß-und-Spiel-Mobil gehört für mich nicht in den öffentlichen Verkehrsraum.

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