DSDS: Massenpanik:"Aus der Loveparade-Tragödie nichts gelernt"

Nach der Massenpanik mit 60 Verletzten bei einer "DSDS"-Autogrammstunde muss sich die Stadt Oberhausen harsche Kritik am Sicherheitskonzept gefallen lassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Nach der Massenpanik bei einer Autogrammstunde mit Kandidaten der RTL-Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) in Oberhausen hat die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) schwere Vorwürfe gegen die Stadt erhoben. "Diese fatale Autogrammstunde hätte niemals stattfinden dürfen. Sie ist das Ergebnis eines Komplettversagens der Stadt Oberhausen", sagte DPolG-Chef Rainer Wendt der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Mehr als 80 Verletzte bei 'DSDS'-Autogrammstunde

"Diese Autogrammstunde hätte niemals stattfinden dürfen": Nach der Massenpanik am Wochenende macht die Deutsche Polizeigewerkschaft den Behörden in Oberhausen schwere Vorwürfe.

(Foto: dapd)

Die Verantwortlichen hätten offenbar aus der Loveparade-Tragödie im benachbarten Duisburg nichts gelernt. "Es ist unfassbar, wie leichtfertig die Sicherheitsrisiken einer Autogrammstunde mit Tausenden Fans in Oberhausen ignoriert wurden."

Auch die Verantwortlichen des Einkaufszentrums, in dem die Veranstaltung stattfand, kritisierte der Sicherheitsexperte scharf. "Offenbar ging ihnen Kommerz vor Sicherheit. Sie durften sich als Veranstalter nicht blind auf die RTL-Schätzung zum Fanaufkommen verlassen." Zumal es nicht der erste Fall einer Panik wegen unerwartet großen Andrangs bei einer DSDS-Autogrammstunde von RTL gewesen sei.

Wendt forderte nach den Ereignissen von Oberhausen, "die Genehmigungsverfahren für größere Veranstaltungen drastisch zu verschärfen". "Erforderlich ist künftig eine genauere Plausibilitätskontrolle der Besucherzahlen, die von Veranstaltern angekündigt werden." Zudem müsse die Polizei ein Vetorecht bekommen. "Ohne das ausdrückliche Einverständnis der Polizei dürfen keine Großveranstaltungen mehr erlaubt werden", forderte Wendt. Es habe sich leider erneut gezeigt, dass die Kommunen mit der Beurteilung von Sicherheitsfragen völlig überfordert seien.

Der Vorfall in Oberhausen beschäftigt indes auch die Justiz. Die Polizei übermittelte der Staatsanwaltschaft Duisburg ihre Ermittlungsunterlagen, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Nun werde geprüft, ob sich das Verfahren gegen Unbekannt oder einen speziellen Beschuldigten richten werde.

Innenminister fordert Priorität für Sicherheit

Bei der Panik waren am Sonntagnachmittag 60 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, vor allem Mädchen, verletzt worden. Zu der Autogrammstunde waren nach Polizeiangaben rund 19.000 Fans gekommen - etwa vier Mal so viele wie erwartet.

Bereits im vergangenen Jahr war eine "DSDS"-Autogrammstunde wegen großen Andrangs vorzeitig beendet worden. RTL ließ angesichts des Vorfalls offen, ob es weitere Autogrammstunden mit den Showkandidaten geben wird. Dies solle erst geklärt werden, wenn die Ursache für das Gedränge am Sonntag feststehe, sagte eine RTL-Sprecherin. Derzeit stehe die Gesundheit der verletzten Kinder und Jugendlichen im Vordergrund.

Unterdessen wurden die meisten Verletzten wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Ein Polizeisprecher sagte, von den ursprünglich zehn Kindern und Jugendlichen, die stationär behandelt worden seien, lägen noch vier in einer Klinik. Auch sie könnten aber voraussichtlich am Dienstag wieder nach Hause. Ein Senderverantwortlicher von RTL hatte am Montag betroffene "DSDS"-Fans im Krankenhaus besucht, um sich persönlich ein Bild zu machen. Auch mit Eltern wollte der Sender Kontakt aufnehmen, um ihnen Unterstützung anzubieten.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) forderte eine Aufklärung der Unglücksumstände. Die Bezirksregierung Düsseldorf und die Stadt Oberhausen seien bereits zu Berichten aufgefordert worden. Die Sicherheit der Menschen müsse überall absolute Priorität haben. Eine Verschärfung der Sicherheitsregelungen für Großveranstaltungen als Konsequenz aus dem Vorfall in Oberhausen schloss ein Ministeriumssprecher nicht aus.

Die Grünen-Fraktion im Düsseldorfer Landtag will sich in der nächsten Innenausschusssitzung mit der Massenpanik in Oberhausen befassen. Ein Antrag sei bereits gestellt worden, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Matthi Bolte.

Laut Polizei waren rund 4.000 Fans im Oberhausener Veranstaltungsraum. Weitere 15.000 standen vor den geschlossenen Türen, wo gedrängelt wurde, sodass junge Menschen im Eingangsbereich verletzt wurden. Nach Polizeiangaben gab es vor allem Prellungen und Quetschungen. Mehrere Menschen wurden bewusstlos.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: