Drogenboss:17 Minuten mit "El Chapo"

  • Die US-Zeitschrift Rolling Stone hat nach Ausschnitten aus einem Interview von Sean Penn mit dem mexikanischen Drogenboss "El Chapo" nun die komplette 17-minütige Aufzeichnung veröffentlicht.
  • "El Chapo" musste im Gefängnis in Mexiko derweil acht Mal die Zelle wechseln - aus Sicherheitsgründen.

Die US-Zeitschrift Rolling Stone hat das vollständige Interview mit dem mexikanischen Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán veröffentlicht. "Wenn ich einmal nicht mehr da bin, wird der Drogenhandel nicht abnehmen", sagt der Chef des mächtigen Sinaloa-Kartells in dem 17-minütigen Video, das das Magazin am Dienstag auf seine Internetseite stellte. Zuvor war lediglich ein Auszug veröffentlicht worden.

"El Chapo" sitzt darin auf einem Stuhl, er trägt ein türkisfarbenes Paisleyhemd und eine Käppi. Im Hintergrund sind ein Maschendrahtzaun und ein Pick-up zu sehen. In dem Interview spricht der Drogenboss über seine Familie, seine Kindheit, über Drogenhandel und Drogensucht. Er bleibt dabei recht allgemein und stellt sich als einfachen und friedliebenden Mann dar, der durch die Armut in das Drogengeschäft gezwungen worden sei.

"Solange er nicht an die USA ausgeliefert wird, behält er die Kontrolle"

Doch so harmlos wie er tut, ist er auf keinen Fall. "El Chapo" ist einer der mächtigsten Drogenbosse der Welt und berühmt für seine spektakulären Gefängnisausbrüche. Er sitzt nun in Mexiko in Haft und wird rund um die Uhr bewacht. Zudem muss er regelmäßig die Gefängniszelle wechseln - bisher ist das acht Mal geschehen. Die Gefängnisleitung möchte so einem erneuten Ausbruch vorbeugen, berichtet der britische Guardian.

Alles deutet aber darauf hin, dass "El Chapo" trotzdem in der Lage ist, auch aus dem Gefängnis heraus die Geschäfte zu führen. "Solange er nicht an die USA ausgeliefert wird, behält er die Kontrolle. Das hat er beim letzten Mal auch schon gemacht", sagt der Sicherheitsexperte Alejandro Hope. "Er steht im engen Kontakt mit seinen Regionalchefs im ganzen Land."

Hat "El Chapo" Sean Penns Bericht redigiert?

Es war sein erstes Interview in 20 Jahren - und führte direkt zur Verhaftung. Kein Wunder, dass sich Medienberichte zu dem Ereignis überschlagen. In die Berichterstattung hat sich jetzt auch ein etwas verwirrendes Dokument gemischt: Bevor der Rolling Stone die komplette Videoaufnahme veröffentlichte, erschien ein Bericht zum Interview. Geschrieben vom Interviewer höchstpersönlich: Sean Penn. Das US-Magazin Slate zeigt jetzt ein vermeintliches Originaldokument mit den Anmerkungen des Drogenbosses. Der strich Penn angeblich die Einleitung zusammen ("Sean, you are a great writer, killer voice. However, I think all this opening stuff has to go."). Sein Spitzname "Shorty" scheint ihm darin auch nicht zu gefallen. Penn hatte geschrieben: "They call him El Chapo. Or Shorty". Dazu merkt Guzmán an: "I don't think wie need the translation." Klar ist aber: Bei der angeblich durch "El Chapo" selbst redigierten Fassung handelt es sich um Satire.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Penn und del Castillo

Die Schauspieler Sean Penn und Kate del Castillo hatten sich im Oktober vergangenen Jahres mit dem damals flüchtigen Kartellchef getroffen. Das Video mit schriftlich eingereichten Fragen wurde später aufgezeichnet. Penn und del Castillo waren dabei nicht anwesend. Sie konnten keine Zwischenfragen stellen, sondern erhielten nur die fertigen Aufzeichnungen von "El Chapo". Wegen des Treffens mit Guzmán ermittelt Mexikos Staatsanwaltschaft gegen die beiden Schauspieler. Del Castillo war über ein geplantes Filmprojekt mit "El Chapo" in Kontakt gekommen. Sollte Geld geflossen sein, könnte sie sich als US-Bürgerin strafbar gemacht haben. Weil Guzmán auf der schwarzen Liste des US-Finanzministeriums steht, dürfen Amerikaner keine Geschäfte mit ihm machen.

Penn äußerte sich bislang nicht dazu, ob er ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe, um seine Quelle zu schützen.

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