Wie eine Stadt mit ihren Drogensüchtigen umgeht, das ist ja auch die Frage, wie eine Stadt generell mit den Menschen umgeht, die am Rande der Gesellschaft stehen. Frankfurt war darin bislang Vorbild. Delegationen aus der ganzen Welt reisten in die Stadt, um sich über den "Frankfurter Weg" zu informieren.
Ist das Ziel nun erreicht, der Weg zu Ende? Der südliche Teil des Viertels mag in den vergangenen zehn Jahren schön und hip geworden sein, die Mieten sind seit 2010 um ein Viertel gestiegen. Drogenabhängige Prostituierte, Männer, die in Hauseingängen Crackpfeifen rauchen und Junkies am Boden sieht man nur noch vor den Druckräumen, genauso wie die Dealer. Aber das Elend hat sich nicht aufgelöst. Es konzentriert sich jetzt nur im Norden, in der Taunusstraße nämlich. Das ist natürlich ein Problem für die Geschäfte dort, denn mit Junkies und Dealern vor der Tür bleiben die Kunden weg. Deswegen soll es auch dort schöner werden.
In den Drogeneinrichtungen befürchtet man nun, dass die Drogenabhängigen ganz aus dem Viertel gedrängt werden. "Sie rotten sich jetzt schon nur noch um die Einrichtungen", sagt Tom Holz, der als Streetworker für die Aidshilfe Frankfurt arbeitet. Wenn man dort kontrolliert werde, " kann man immer sagen, ich muss konsumieren oder zu meinem Sozialarbeiter". Auch Frederic Pietsch von der Polizei, die im Ossip-Programm (Offensive Sozialarbeit, Sicherheit, Intervention und Prävention) eng mit den Drogenhilfeeinrichtungen zusammenarbeitet, schließt es nicht aus, dass die Drogenszene sich wieder in der Stadt verteilen könnte, wenn der Druck auf sie weiter zunimmt. "Dann wären viele Erfolge des ,Frankfurter Wegs', wie die Senkung der Sterblichkeits- oder Infektionsraten, gefährdet", sagt der Polizist.
Tom Holz zeigt, wo die Folgen der Verdrängung schon zu sehen sind: im Bahnhof. In der B-Ebene, wo es zu den S-Bahnen geht, stehen jetzt wieder Dealer und Abhängige, eine Ebene tiefer liegen zwei junge Männer in einer Ecke neben einer Urinlache, die Spritzen neben den zusammengekrümmten Körpern. "Der Bahnhof war schon mal sauber", sagt Holz.
Die Stadt hält daran fest, dass man niemanden verdrängen will. Nur wo die Junkies dann genau hinsollen, wenn das ganze Viertel zu hip für Abhängige und ihre Dealer sein sollte, bleibt unklar. "Wenn Frankfurt weiter Vorbild in der Drogenpolitik sein will, muss es das Konzept weiterentwickeln", sagt Tom Holz.