Süddeutsche Zeitung

Drogen:In der Schweiz boomen hippe Hanfshops

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In der Eidgenossenschaft gibt es legales Cannabis zu kaufen, das weniger als ein Prozent THC enthält. Die Läden sind in Grün und Weiß gehalten, es ist viel von Gesundheit die Rede. Doch ein Selbstversuch zeigt: Der Stoff macht vor allem müde.

Von Charlotte Theile, Zürich

Kürzlich beim Kiez-Spaziergang in Zürich mit einem Kollegen, Zwischenstopp beim Kiosk. Er will noch schnell Zigaretten kaufen und deutet auf das Schild hinter der Theke. "Legales Cannabis" steht da geschrieben, der Verkäufer ist Feuer und Flamme. Das hier beruhige so schön, bei dem würde man doch noch einiges vom THC mitkriegen, aber sein persönlicher Favorit sei das OG Kush, 20 Prozent CBD, 0,8 Prozent THC. Umgerechnet 60 Euro kostet die 5-Gramm-Dose, von außen sieht sie aus wie etwas, was der Apotheker gemischt hat.

Eine kurze Internetrecherche zeigt: Das Zeug boomt. Fast im Wochentakt machen Hanfstores auf, weißer cleaner Look, grüne Schrift, es ist viel von Gesundheit die Rede. Grund dafür ist eine Regelung, die seit einigen Jahren gilt, aber erst in den vergangenen Monaten an Zugkraft gewonnen hat. Cannabisprodukte, die weniger als ein Prozent des psychoaktiven Wirkstoffs THC enthalten, sind nicht verboten. Der Wirkstoff CBD, kurz für Cannabidiol, berauscht nicht.

E-Mail an die Redaktion, darin der Vorschlag auf Redaktionskosten Gras zu kaufen. Schnelles High-Five mit dem inneren Teenager. Wird natürlich nichts. Drogen müsse man selber kaufen, heißt es aus München. Aber der Lifestyle-Trend, vergleichbar mit alkoholfreiem Bier oder kohlenhydratfreiem Brot, der interessiere natürlich schon. Und die Schweiz, die man ja eher als bieder abgespeichert habe, dass die so eine liberale Drogenpolitik fahre, das sei ja auch interessant.

Was also tun? Zurück zum Verkäufer. Man muss ja wissen, worüber man schreibt. Zum Essen ein gutes Glas Rotwein, danach ein legaler Joint im Kerzenlicht, es ist 21.50 Uhr. Der innere Teenager ist vermutlich fassungslos. 22.15 Uhr: Tiefschlaf. Legales Cannabis macht vor allem sehr schnell sehr müde.

Am nächsten Morgen, das Aufstehen ist nicht ganz leicht, vertiefte Recherche. Das Schweizer Fernsehen hat in den vergangenen Wochen immer wieder die neuen Hanfstores besucht, Schmerzpatienten und THC-Konsumenten sind gleichermaßen begeistert. Tatsächlich haben die Schweizer schon jahrzehntelange Erfahrung mit einer liberalen Drogenpolitik. Das gilt nicht nur für weiche Drogen wie Cannabis, das Anfang der Nullerjahre sogar ganz ohne Einschränkung erlaubt war. Süchtige erhalten unter ärztlicher Aufsicht Heroin, in der Stadt Zürich kann man Drogen wie Ecstasy oder Kokain anonym und kostenlos auf Verunreinigungen testen lassen.

Auch der neue Trend stößt beim Gesundheitsamt eher auf Gleichgültigkeit - wenn sich jetzt plötzlich alle in schicken Hanfstores etwas kaufen wollen, was vor allem müde macht, bitte sehr. Einen Hinweis hat der freundliche ältere Herr vom Gesundheitsamt dann doch noch für die Fernsehzuschauer: Rauchen sei generell äußerst ungesund.

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