Diversität in Freizeitparks:Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute

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Für das Wahrwerden von Träumen macht Disney World Feen verantwortlich. Künftig sollen den Job auch Männer machen dürfen - als Lehrlinge der guten Fee. (Foto: Christian Thompson/Disneyland Resort)

Die Disney-Parks wollen diverser werden - und auch Männern den Job als gute Fee erlauben. Dafür wird dieser erstmal umbenannt. Reicht das?

Von Anna-Lena Jaensch

Nägel und Lippen glitzern, das Krönchen sitzt perfekt. Den Traum, einen Tag als Prinzessin im bauschigen Tüllkleid herumzuspazieren, lassen gute Feen wahr werden - natürlich, wie kann es anders sein - in den Disney-Freizeitparks. 200 US-Dollar müssen Eltern für das bis 60-minütige Umstyling in der Bibbidi Bobbidi Boutique, die im Magic Kingdom Park in Florida gleich hinter dem Cinderella Schloss liegt, zahlen. Nur einmal den Zauberstab geschwungen und schwupps, so bewirbt es Disney auf seiner Internetseite, "werden die Auszubildenden unserer guten Fee Ihr Kind verwöhnen und herausputzen, bis es umwerfend wie aus dem Bilderbuch aussieht".

Die Botschaft, die den drei- bis zwölfjährigen Kindern dabei vermittelt wird: Wer schön sein will, muss verkleidet sein. Und um umwerfend auszusehen, braucht es Schminke und Haarspray. Doch das ist nicht das einzige Problem an der Sache. Das von Geschlechterklischees nur so strotzende Konzept - Mädchen verkleiden sich als Prinzessinnen, Jungen als Ritter - wird dadurch abgerundet, dass in den Salons bislang ausschließlich Frauen arbeiten durften.

Bislang waren nur Frauen als Feen erwünscht

Nun, oh je, droht der guten Fee das Disney-Aus: Die "Fairy Godmothers in Training", also die guten Feen in Ausbildung, nennt Disney World einfach um in "Fairy Godmother's Apprentices", also Lehrlinge der guten Fee. Neuer Name, selber Job. Ein Disney-Sprecher sagte dem US-amerikanischen Fernsehsender CNN, so sei auch Männern die Arbeit in der Boutique möglich. Bislang waren diese nämlich als Feen nicht erwünscht. Das Unternehmen sieht im geschlechtsneutralen Begriff der Lehrlinge einen Imagewechsel. Doch reicht eine reine Namensänderung aus, um die Diversität innerhalb eines Betriebs zu verbessern?

Bereits im vergangenen Jahr sprach Josh D'Amaro, Vorsitzender der Disney-Parks, in einem Blogbeitrag von einer Transformation der Freizeitparks: Man wolle einen inklusiveren Ansatz verfolgen, die Werte der Parks modernisieren und die Richtlinien für das Aussehen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufweichen. Den Darstellern solle eine größere Flexibilität ermöglicht werden hinsichtlich "Formen des persönlichen Ausdrucks": Frisuren, Schmuck, Nägel und Kostüme dürften nun geschlechtsunabhängig ausgewählt werden. Selbst Tätowierungen in angemessener Form seien mittlerweile erlaubt. D'Amaro bezeichnet die Freizeitparks als "einen Ort, an dem alle willkommen sind". Ziel sei es, "auch den Darstellern zu ermöglichen, ihre Kultur und Individualität bei der Arbeit besser auszudrücken." Medienberichten zufolge wurde vor Kurzem auch schon die Begrüßung des Publikums bei einer Feuerwerksshow verändert: Von "Damen und Herren, Jungen und Mädchen" in "Guten Abend, Träumer jeden Alters."

Eine "schweigende Mehrheit" soll angeblich die Umbenennung ablehnen

Doch die Abschaffung der guten Fee sorgt nun in den USA für eine kontroverse Debatte. Die "schweigende Mehrheit" seiner Kollegen lehne die Umbenennung ab, behauptet Disney-Mitarbeiter Jose Castillo im Gespräch mit dem amerikanischen Nachrichtensender Fox News. Castillo kandidiert derzeit als Republikaner für den Kongress in Florida und sorgt sich als solcher, dass die Disney-Freizeitparks zu einer Welt der politischen Korrektheit und Indoktrination verkommen könnte. Aus liberaleren Kreisen wird das Bestreben des Unternehmens, diverser und inklusiver zu werden, währenddessen befürwortet.

Ob die Umbenennung nun tatsächlich mehr männliche Feen, oder richtig formuliert Lehrlinge der Feen, anzieht, wird sich erst im Spätsommer zeigen. Pandemiebedingt öffnen die Bibbidi Bobbidi Boutiquen erst Ende August. Eltern jedenfalls ist es zu wünschen, dass sich auch mehr Mädchen als Ritter verkleiden lassen. Das kostet nämlich lediglich 20 US-Dollar.

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