Die Mission des Hubert von Goisern:Alpenrock auf dem Amüsierschiff

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Der österreichische Alpenrocker Hubert von Goisern will sich musikalisch aufs Wasser begeben. Er hat vor, zwei Jahre lang auf einem Musikdampfer Europas Flüsse zu befahren.

Michael Frank

Der Musikdampfer war einst eine große Sache. Und doch ist er nahezu ausgestorben, als Amüsierschiff, das tanzendes Volk auf den Flüssen Europas hin- und herfuhr, und auch als Begriff.

Jetzt gibt es ihn wieder, mit veränderter Bedeutung: Der neue Musikdampfer transportiert Musiker und Musik zu neuen Ufern. Er wird Europas Flüsse durchfahren und soll, geht es nach den Initiatoren, dem Zank der Mächtigen und Wichtigen dieser Tage die Magie der Klänge des Kontinents und deren Vielfalt entgegensetzen.

Kommandant dieser Wasserfahrt ist ausgerechnet ein Gebirgsmensch: Hubert von Goisern, gefeierter oberösterreichischer Alpenrocker und einer der großen Versöhner der Volksmusik mit dem Neugetöne unserer Zeit, hat sich zusammen mit dem Flussreeder Wolfram Mosser-Brandner diese Flüssetournee ausgedacht. Und Martin Heller, Intendant der Europäischen Kulturhauptstadt Linz 2009, hat alles als zweijährige Kulturmission unter seine Fittiche genommen.

Die Sache mit dem Dampf ist natürlich nur Metapher. In Wallsee an der Donau in Niederösterreich ist dieser Tage kein Museumsstück der archaischen Nautik ausgelaufen, sondern ganz zeitgemäß ein Schubverband, wie sie heutzutage gewaltige Lasten die Flüsse hinaufboxen.

Eine sogenannte Barge, die lange als Transporter von Schotter und Schlamm gedient hat, bildet als Konzertschiff den Kern des Konvois. Immerhin 77 Meter lang und 12 Meter breit, bietet das pontonartige Gefährt den nötigen Raum für eine Großbühne nebst allem Schall- und Beleuchtungsgerät. In der Werft der Brandner-Flusschifffahrt hat man die Schwimmbühne gebaut, die sich stets aufs Niveau des Ufers heben oder senken kann, ganz auf Augenhöhe mit dem Publikum, das dort zu Zehntausenden lagern wird.

Das Bühnenschiff sollte seine Probe am vergangenen Sonntag beim Donauinselfest in Wien bestehen. Einen unfreiwilligen Orkan-Test hat es schon hinter sich: Ein wütender Sturm, der in Ostösterreich drei Menschenleben kostete, riss an Installationen und Aufbauten.

Auf dem Schiff gibt es noch ein paar Schlafcontainer für Musikergäste, die Küche und eine Art Piazza für die reisenden Spielleute. Längsseits hat man das Wohnschiff der achtköpfigen Goisern-Band vertäut. Auf Deck thront die weiße Badewanne gleich neben der riesigen Satellitenschüssel.

Angeschoben wird das Gespann von der MS Wallsee, einem betagteren, wiewohl munteren Schubschiff mit 700 Pferdestärken. Allem voran flattert die Fahne mit einem Drachen.

Die musikalische Fracht wird jeweils ortsspezifisch ergänzt und gefärbt. In zwei großen Reisen will man erst den Osten, dann den Westen akustisch erkunden, wobei bei jedem der Konzerte am Fluss Musiker und Gruppen aus dem Gastland mitspielen, in dem man gerade festmacht. Es wird also keine reine Goisern-Tournee, sondern eine kleine Enzyklopädie des europäischen Volks-Rock.

Dieser Tage geht es zunächst einmal die Donau hinauf nach Regensburg (29. Juni) und Passau (30. Juni/1. Juli), wo zunächst die genialen Blasmusiker von Haindling dazukommen und in Passau die Claudia Koreck Band. Und dann geht es auf große Fahrt den großen Strom hinab durch den Balkan bis in den August hinein: Bratislava, Budapest, Serbien, Bulgarien, Rumänien, bis in die Ukraine.

Mehr als 20 Auftritte sollen es werden, manchmal in Orten, wo es noch nie so etwas wie ein Rockkonzert gegeben hat. Aber Musikanten, die die junge Populärweltmusik mit Klangtraditionen ihrer Heimat würzen, die gibt es glücklicherweise überall.

Großes Finale in Linz

Im Sommer 2008 wird der ganze Konvoi die Donau hinauf durch den Rhein-Main-Donau-Kanal zum Rhein tuckern, zu Dutzenden weiteren Konzerten. Im Sommer 2009 wird im oberösterreichischen Linz, der Kulturhauptstadt dieses Jahres, ein Schlussauftritt alle Künstler vereinen, die man unterwegs getroffen, mit denen man musiziert hat. Tondokumentationen, Bildaufzeichnungen und Life-Übertragungen - das Österreichische Fernsehen und zahllose Stationen am Weg engagieren sich - sollen am Ende ein musikalisches Gesamtdokument ergeben.

Hubert von Goisern, im oberösterreichischen Bad Goisern 1952 geboren, hat im Lauf seiner Karriere schon mit Tibetanern, mit Afrikanern, mit Ägyptern beachtenswerte Musikprojekte gemacht. Dem Lauf der großen Flüsse Europas folgten schon immer die Kulturströme. Ihnen sollen die Stimmungen dieser Zeit abgelauscht werden.

Kulturhauptstadt-Intendant Heller sagt es weit ausholend so: "Kulturell reicht die Linzer Donaulände bis ins Delta am Schwarzen Meer." Heller hat übrigens der musikalischen Schiffsbesatzung eine Kiste Bücher für die Mußestunden an Bord mitgegeben: Entdeckungen und Reisen, Homers Odyssee ist dabei und Dante, außerdem Forschungsreiseberichte der Neuzeit - und praktischerweise auch ein Kochbuch für Süßwasserfisch.

© SZ vom 28.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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