Süddeutsche Zeitung

Social Media:Ljowtschik DiCaprio, hilf!

Leonardo DiCaprio kann sich kaum noch retten vor Wünschen, roten Herzen, Russland-Flaggen und Einladungen ins ferne Russland: Auf Social Media wird der US-Schauspieler bestürmt, den Baikalsee zu retten.

Von Frank Nienhuysen

Mit Lady Gaga fing es an, auch wenn sie selbst davon vermutlich nichts weiß. Gerüchte, sie sei mit dem Schauspieler Bradley Cooper zusammen, lösten im fernen Sibirien eine Instagram-Kampagne über den Account "Ganz Ulan-Ude" aus. Ulan-Ude ist eine Stadt in der Nähe des berühmten Baikalsees, und dort mokierte man sich darüber, dass Lady Gaga dem russischen Model Irina Shayk ihren Cooper womöglich ausgespannt haben könnte. Einmal in Fahrt gekommen, entdeckte "Ganz Ulan-Ude" vor einer Woche in Hollywood ein neues Ziel - Leonardo DiCaprio. Die nicht geringe Bitte an den Schauspieler: Er möge den Baikalsee retten.

Auf den Post folgte eine Welle Tausender Kommentare, die mit Wucht das Instagram-Profil des amerikanischen Schauspielers fluten. DiCaprio kann sich nun kaum noch retten vor Wünschen, Bitten, roten Herzen, Russland-Flaggen und Einladungen in die - von Hollywood aus - knapp 10 000 Kilometer entfernte russische Region. Viele der Kommentare sind der Einfachheit halber auf Russisch geschrieben, manche als Gedicht. Es finden sich auch Schätze wie lokale Delikatessen-Rezepte unter Verwendung von Zwiebeln, Zitrone, Pfeffer, pflanzlicher Butter und einem halben Kilogramm Omul, einer leider gefährdeten Spezies Fisch, die nirgendwo sonst auf der Welt zu finden ist als im Baikalsee.

Es ist schon rührend, was sich aus den Kommentaren in DiCaprios Account fischen lässt, "Leo", "Ljowa", "Ljowtschik", teurer Lewuschka", heißt es da etwa, an DiCaprio gerichtet, "du bist doch auch einer von uns, besuch uns doch". Die Angebote reichen von einer Schüssel traditionellen Olivier-Salats bis zum Spaziergang durch ganz Russland, sobald der Baikalsee gerettet sei.

Über den Gesundheitszustand des Baikalsee wird immer wieder diskutiert

Der Oscar-Preisträger hat einmal erzählt, dass zwei seiner Vorfahren aus Russland stammen, doch die Verbindung der Instagram-Kampagne zu DiCaprio hat vor allem mit dessen Einsatz für den Umweltschutz zu tun. Über seine Stiftung sollen in den vergangenen 20 Jahren bereits mehr als 100 Millionen Dollar in Umweltschutzprojekte geflossen sein. "Lasst uns alle Leonardo DiCaprio von den Baikal-Problemen erzählen", heißt es in dem Aufruf-Post von "Ganz Ulan-Ude".

Über den Gesundheitszustand des ältesten und mit mehr als 1600 Metern tiefsten Süßwassersees der Welt wird immer wieder diskutiert. Sein Zauber und die Artenvielfalt werden gerühmt, und immer wieder warnen Umweltschützer vor den Gefahren durch Verschmutzung. Früher machte ihm das "Monster vom Baikalsee", eine Zellulosefabrik, zu schaffen, inzwischen vor allem der gewachsene Tourismus. Allein in den ersten acht Monaten des vorigen Jahres besuchten 1,6 Millionen Menschen das Unesco-Kulturerbe.

Vor wenigen Wochen kündigte Sergej Iwanow, Umweltberater von Präsident Wladimir Putin an, den Touristenstrom zu begrenzen, weil kleine Hotels wie Pilze aus dem Boden schössen, ohne dass es genug Infrastruktur gäbe. Tonnen von Abfall lägen am Ufer und gefährdeten den See. Das Umweltbewusstsein wächst. Braucht man DiCaprio also überhaupt? Offenbar ja, denn jemand schrieb überzeugt: "Leo, die Titanic hast du nicht gerettet, aber den Baikalsee würden wir schaffen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4536134
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.07.2019/wib
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.