Es geschah in tiefer Nacht, auf einem fernen Kontinent, von Deutschland aus gesehen jedenfalls. Papst Franziskus flog zu dieser Stunde Richtung Ecuador, im Flugzeug gab es das traditionelle Gespräch der mitreisenden Journalisten mit dem Pontifex, irgendwann fragte einer: und Deutschland? Nun ja, antwortete Franziskus, Bundeskanzlerin Merkel habe ihn eingeladen, das sei "eine sehr gute Sache", die Reise solle eine europäische Friedensmission werden.
Ein Datum hat der Papst im Flugzeug nicht genannt, er machte aber nach den Angaben der Katholischen Nachrichtenagentur klar, dass es sich "um eine aktuelle Reiseplanung" handele.
"Da scheint was dran zu sein"
Der Papst in Deutschland, bald! Welche Aufregung! Im Gegensatz dazu steht das Staunen im Bonner Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz im Angesicht dieser Meldung. Von konkreten Planungen wisse man nichts, heißt es dort, von einem möglichen Datum schon gar nichts; auch Federico Lombardi, der Sprecher des Vatikans erklärt, einen konkreten Plan gebe es noch nicht. Ein Insider jedoch raunt: "Da scheint was dran zu sein."
Das heißt: Spuren suchen. Kanzlerin Merkel hat Franziskus bereits bei ihrem Rom-Besuch im Februar eingeladen. Aus Sicht des Vatikans muss aber auch das Staatsoberhaupt einladen - und siehe da, auch Bundespräsident Joachim Gauck hat Franziskus mitteilen lassen, dass er sich freuen würde, wenn der Papst nach Deutschland käme.
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Der Papst ist also offiziell nach Deutschland eingeladen und hat gesagt, dass er die Einladung annimmt. Das hat in der vergangenen Woche auch schon Nuntius Nikola Eterović angedeutet, der Botschafter des Vatikans in Berlin.
Das Problem: Die Reformation
Er kommt also. Nur wann, das ist noch nicht klar. Der optimale Termin dürfte auch gar nicht so leicht zu finden sein, und der Grund dafür ist bald ein halbes Jahrtausend alt. Es rollt ja noch ein anderes Großereignis auf die Christen in Deutschland zu: Am 31. Oktober 2017 ist es 500 Jahre her, dass Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel veröffentlichte, was gemeinhin als Beginn der Reformation angesehen wird.
Mit einiger Mühe haben sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Bischofskonferenz darauf geeinigt, ökumenisch verbunden der Reformation zu gedenken, mit einer gemeinsamen Pilgerfahrt der Kirchenspitzen ins Heilige Land im Oktober 2016, einem gemeinsamen Bußgottesdienst und eine großen ökumenischen Kirchentag. Ein Papstbesuch in dieser Zeit stieße auf die geringe Freude der EKD, die schlimmstenfalls mit ansehen müsste, wie die Katholiken Luther zu einem der ihren erklären.
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Ein Papstbesuch 2017 sei nicht hilfreich, erklärten deshalb unisono der katholische Bischofskonferenzvorsitzende Kardinal Reinhard Marx und der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm, als sie am vergangenen Dienstag das gemeinsame Programm zum Reformationsgedenken vorstellten.
Da es bis 2018 noch ein bisschen hin ist und das Jahr 2015 durchgeplant, bleibt im Grunde nur das kommende Jahr 2016 für den Besuch des Mannes, der da seine Kirche durchschüttelt. Die Begeisterung für den Papst aus dem fernen Argentinien dürfte auch in Deutschland groß sein, einfacher wird die Reise dadurch aber nicht. Auch 2016 wird er etwas zu Martin Luther, der Reformation und über die Ökumene sagen müssen.
Als im September 2011 Papst Benedikt dies bei seinem Deutschlandbesuch tat, waren die evangelischen Glaubensgeschwister bestenfalls halb zufrieden: Er würdigte zwar Luther als glaubensstarken Gottsucher, verkündete aber auch recht harsch, er bringe kein "ökumenisches Gastgeschenk" mit. Und sollte die Bischofssynode in Rom zum Thema Ehe, Familie und Sexualität im Herbst ohne greifbare Ergebnisse bleiben, dürften viele Katholiken in Deutschland enttäuscht sein.
Probleme des reichen Deutschlands sind das, 10 000 Kilometer Luftlinie, sieben Stunden Zeitverschiebung und eine Lebenswelt entfernt von Quito in Ecuador, wo der Papst, dem Flugzeug entstiegen, zum Schutz der Ureinwohner und anderer Minderheiten aufruft. Lateinamerika stehe immer noch in ihrer "Schuld". Sein Thema, den Schutz der Menschen am Rande, das dürfte er auch mit nach Deutschland bringen.