Es war Anfang Juni, über Mainz-Hechtsheim schien den ganzen Tag die Sonne. Und so fiel das 1,58 Meter lange und zwei Kilogramm schwere Gummiding aus buchstäblich heiterem Himmel in den Garten eines Wohnhauses. Es war ein Flugzeugteil, wie sich später herausstellte. Weil für so etwas das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) zuständig ist, fragten die Grünen-Bundestagsabgeordneten Tabea Rößner aus Mainz und Daniela Wagner aus Darmstadt - ihre Wahlkreise liegen in Einflugschneisen des Frankfurter Flughafens - umgehend bei der Bundesregierung nach: Wie oft fallen denn Flugzeugteile vom Himmel? Wie häufig werden Siedlungsgebiete getroffen? Gab es schon Verletzte?
Nun hat die Bundesregierung geantwortet: Seit 2008 seien insgesamt 57 solcher "Ereignisse" beim LBA dokumentiert. Die meisten davon, heißt es in dem Schreiben, das der SZ vorliegt, geschahen im Jahr 2017, es waren 13 Fälle. Ob das nun viel ist, darüber kann man streiten.
Die Grüne Daniela Wagner sagt: "Angesichts der Gefahr, die von herabfallenden Flugzeugteilen ausgeht, ist jedes Ereignis eines zu viel." In der Tat kommt da nicht nur Kleinkram von oben. Einmal fiel sogar ein sechs Meter langer Zusatztank von einem Flugzeug ab, ein anderes Mal eine viereinhalb Meter lange Landeklappe. Das schwerste Teil wog volle zwölf Kilo, eine Triebwerksverkleidung. Auch das 2014 beim Anflug auf den Frankfurter Flughafen verlorene vier Meter lange Landeklappenstück einer Boeing 747 ist in der Antwort genannt, ein Spaziergänger entdeckte es im Wald. Trotz so großer Trümmer sei es niemals zu schweren oder tödlichen Verletzungen gekommen, teilt die Bundesregierung mit. Nicht einmal beinahe sei jemandem ein Teil aus dem Himmel auf den Kopf gefallen.
Klar wird aus der Antwort auch, dass Militärmaschinen viel häufiger als Passagierflugzeuge Bauteile verlieren. Seit 2008 sind 351 Fälle dokumentiert. Und während in der Zivilluftfahrt kein Hersteller oder Flugzeugtyp besonders negativ auffiel, fliegt beim Militär ein Problemvogel: 100-mal war es ein Eurofighter, der in den vergangenen zehneinhalb Jahren etwas verlor. Meistens, 24-mal, löste sich aber nur eine Abdeckklappe, Gewicht: 20 Gramm. Beunruhigender ist da schon, dass ein Flugzeug "Übungsmunition mit Rauchkartusche" verlor, samt 38 Gramm "Explosivstoffmasse" - Gefahrgutklasse 1. Trotz Munition und meterlanger Landeklappen, die vom Himmel fallen, rät Klaus Wolf zu Gelassenheit. Der Professor für Luftfahrzeugtechnik an der TU Dresden sagt: "57 Fälle sind extrem wenig." Natürlich sollte so etwas gar nicht passieren, aber es könne immer mal vorkommen, dass sich ein Teil lockere. "Man kann das nie ganz ausschließen", so Wolf, gemessen am gesamten Flugverkehr sei die Zahl aber verschwindend gering.
Der Fall aus Mainz legt jedoch den Verdacht nahe, dass nicht alle verlorenen Teile auch in der Statistik auftauchen. Der Bundesregierung zufolge fiel kein Flugzeugteil auf Siedlungsgebiet. Der Hechtsheimer Garten ist aber Siedlungsgebiet, das Gummiding ein Flugzeugteil. Da sei wohl das verantwortliche Luftfahrtunternehmen, meint Tabea Rößner, seiner Meldepflicht nicht nachgekommen.