Deutscher findet vermeintlichen Weltraumschrott:"Das war ein ziemlicher Knall"

Die russische Raumsonde "Phobos-Grunt" sollte eigentlich einen Marsmond erforschen, doch sie stürzte ab. Trümmerteile sind angeblich vor Chile in den Pazifik gefallen - und im brandenburgischen Paulinenaue niedergegangen. Das zumindest behauptet Sven Fehlberg, dem nach eigener Aussage ein Stück Weltraumschrott aufs Dach krachte.

Martin Zips

Eigentlich hatte die 120 Millionen Euro teure russische Raumsonde ja den Marsmond Phobos erforschen sollen. Dann aber stürzte "Phobos-Grunt", beim Start noch 13,5 Tonnen schwer, unverhofft ab. Einige Teile sollen am Sonntagabend (MEZ) nahe Chile in den Pazifik gefallen sein. Aber hatte vorher nicht schon ein winziges Wrackteil Brandenburg erreicht? Es berichtet Sven Fehlberg, 47, aus Paulinenaue im Landkreis Havelland.

Fraunhofer-Institut verfolgt Absturz defekter Marssonde mit Radar

Ein Radarbild des Fraunhofer-Instituts zeigt die russische Marssonde Phobos-Grunt kurz vor dem Absturz.

(Foto: dapd)

SZ: Herr Fehlberg, wie ist denn so das Leben in Paulinenaue?

Sven Fehlberg: Sehr ruhig. Manchmal sogar zu ruhig. Wissen Sie: Wir haben hier mehr alte als junge Leute. Und überall ist Wald.

SZ: Dabei haben Sie in Paulinenaue sogar Ortsteile, die überaus exotische Namen tragen. Bienenfarm! Kamerun!

Fehlberg: Jaja. In Kamerun ist aber auch nicht viel los. Da stehen auch nur vier, fünf Häuser.

SZ: Im 19. Jahrhundert hielt bei euch noch der Zug auf dem Weg von Berlin nach Hamburg.

Fehlberg: Ach ja? Ich bin hier aufgewachsen. Mein Vater hat als Kraftfahrer in der DDR gearbeitet. Aber seitdem? Die großen Betriebe sind fast alle weg. Selbst der Gasthof hat werktags meist geschlossen.

SZ: Und jetzt das, Herr Fehlberg: Bei Ihnen ist am Sonntag ein 425 Gramm schweres Stück Metall ins Dach geschlagen. Nun wird vermutet, es könnte sich um einen Teil der russischen Raumsonde "Phobos-Grunt" handeln.

Fehlberg: Das muss man natürlich erst noch herausfinden, ob das tatsächlich so ist. Aber merkwürdig: Die russische Raumsonde ist ja auch genau am Sonntag abgestürzt. Ein paar Stunden nach dem Einschlag bei uns fiel sie in den Pazifik. Vielleicht stammt dieses merkwürdige Stück Metall ja doch irgendwie von ihr.

SZ: Aber die ESA-Weltraumbehörde schließt das aus.

Fehlberg: Warum?

SZ: Wegen der scharfen Kanten. Etwas, das aus dem Weltraum kommt, hat nicht so scharfe Kanten wie Ihr Metall, sagen die. Beim Eintritt in die Atmosphäre würden die Kanten nämlich durch den Schmelzprozess abgerundet.

Fehlberg: Aahja. Ich habe das Metall meinem Vermieter gegeben. Der ist promovierter Diplom-Agraringenieur und will es jetzt einmal untersuchen lassen. Aber das war schon ein ziemlicher Knall, um 4.30 Uhr in der Früh. Das können Sie mir glauben. In der Nähe haben ein paar Leute noch ein Fest gefeiert. Gemeinsames Christbaumverbrennen.

SZ: Gemeinsames Christbaumverbrennen?

Fehlberg: Kennen Sie das nicht? Hier macht man das so. Nach dem Krach ist sogar die Polizei dort vorbeigefahren und hat gefragt, ob man sich das Geräusch irgendwie erklären könnte. Auch mein Nachbar ist davon aufgewacht. Aber erst am nächsten Morgen haben wir das Teil im Garten entdeckt.

SZ: Wie sieht das Metallstück aus?

Fehlberg: Es ist zehn Zentimeter lang, fünf Zentimeter breit und zwei Zentimeter dick. Es hat ein Loch durchs Dach geschlagen. Einige Dachziegel sind kaputt. Also, von unten nach oben kann das nun wirklich niemand geworfen haben.

SZ: Ein Gruß aus einer fernen Welt also. Was war bisher Ihre weiteste Reise, Herr Fehlberg?

Fehlberg: Vor der Wende hab ich mal Urlaub am Schwarzen Meer gemacht. Da bin ich zum ersten und bisher einzigen Mal in meinem Leben mit einem Flugzeug geflogen. Seitdem bin ich aus Paulinenaue nicht mehr weggekommen. Seit 20 Jahren nicht. Wissen Sie, als Leiharbeiter ist man ja froh, wenn man die Miete für seine 51 Quadratmeter irgendwie bezahlen kann. Ich muss schon ziemlich knapsen.

SZ: Haben Sie denn eine Frau?

Fehlberg: Nein, hab' ich auch nicht. Irgendwie genieße ich ja auch die Ruhe. Am liebsten gehe ich hier in der Gegend Fische angeln. So lange mir dabei nichts auf den Kopf fällt, reicht mir das zum Glücklichsein.

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