Deutsche Telekom:Zu lila, zu teuer, zu kompliziert

Der Chef muss gehen, denn immer mehr Kunden wechseln zu anderen Anbietern. Kein Wunder: Es gibt nur wenige Unternehmen, von denen die Deutschen so genervt sind wie von ihrer einst staatlichen Telefongesellschaft. Was die Telekom aus Kundensicht alles falsch macht - ein Überblick in acht Teilen.

Zu lila

Die Telekom hat im Mai dieses Jahres die Kampagne "Hallo Zukunft" gestartet, die laut ihrer Presseabteilung "allen Kunden das Gefühl vermitteln soll, bei der Telekom in guten Händen zu sein". Irgendwie müssen sich die Kampagnenbetreiber deutschlandweit verwählt haben. Bei den meisten Kunden kam in den vergangenen Jahren nämlich nur die Kampagne "Hallo Vorgestern" an.

Allein schon diese Farbe. Als ein Freund die erste Telekom-Telefonzelle sah, fragte er, ob das eine Open-Air-Verkaufsstelle für taz-Abos sei. "Die machen doch zum Weltfrauentag immer eine Ausgabe in diesem Bioladenlila." Auf den Einwand, das sei Rosa beziehungsweise laut telekomischer Farbenlehre Magenta, sagte er: "Magenta! Das ist Latzhosenlila. Die Telekom wirbt mit einem gebatikten Buchstaben!"

Was aber das Gefühl angeht, bei der Telekom in guten Händen zu sein: Wie war das noch mit Manfred Krug, der in seinem onkelhaften Ton allen arglosen Kleinanlegern die Telekom-Aktie eingeredet hat? Und dann gab es da noch diesen Radfahrer, wie hieß der gleich, dieser Ostdeutsche, der das mit dem Radeln einfach im Blut hatte. Alex Rühle

Zu teuer (1)

Das klang ja spannend, was die Telekom sich da ausgedacht hatte: eine Tarifoffensive! Tolle neue Pauschalpakete! Wie diese Offensive aussehen sollte, erfuhren die Kunden dann von Kai-Uwe Ricke auf der Internationalen Funkausstellung im August in Berlin:

Sein Konzern wolle nicht der "billige Jakob" der Branche sein. "Ist gut, Herr Ricke", antwortete ein genervter Telekom-Nutzer im Internetforum des Fachverlags Heise. "Ich bleibe dann erst mal so lange beim ,billigen Jakob'."

Der Angriff der Telekom kam nicht nur viel zu spät, er war auch zu teuer. "Die Konkurrenz hat eben auch gute Qualität zu bieten - und das in der Regel billiger", sagt Robert Gallecker, Analyst bei der Bayerischen Landesbank. 50 Euro zahlt der Telekom-Kunde, wenn er ohne Limit im Internet surfen möchte und dazu deutschlandweit gratis telefonieren. Für fünf Euro weniger gibt es dasselbe Angebot bei Arcor - und der DSL-Anschluss ist dreimal schneller als bei der Telekom.

Bei 1&1 kostet das Pauschalpaket noch einmal fast zehn Euro weniger. Dafür gibt es dann noch eine Auswahl an Kinofilmen umsonst. Thorsten Riedl

Zu teuer (2)

Ein TV-Spot zur Auskunft der Telekom geht so: "Wenn du nicht weiter weißt - 11833!" Man müsste aber schon in einer extremen Notsituation sein und ein Telefon haben, an dem nur die 1, die 8 und die 3 funktionieren, um freiwillig die 11833 zu wählen. Denn bei der Telekom ist guter Rat sehr teuer: Für jede angefangene Minute zahlt man 0,99 Euro, für die Auslandsauskunft 1,99 pro Minute. Der Gebührenzähler rattert im Sekundentakt weiter.

"Darf ich Sie gleich weiterverbinden?" Klingt nett, ja, aber diese Freundlichkeit kostet weitere 49 Cent. Es ist sogar günstiger, von Deutschland aus die Auslandsauskunft der österreichischen Telekom anzurufen, um eine Nummer in Deutschland zu erfragen. Und bei www.telefonbuch.de gibt's jede Nummer gratis. Nur wer wirklich nicht weiter weiß, wählt die 11833. Titus Arnu

Zu chaotisch

Man muss hier einmal lobend erwähnen, dass es Telekom-Mitarbeiter gibt, die das Chaos virtuos verwalten. Wer etwa in einen Neubau umzieht und beim T-Punkt beantragt, die alte Nummer mitzunehmen, sieht sich womöglich mit folgender Strategie einer süffisant lächelnden Beraterin konfrontiert: "Ihren Antrag vergessen Sie mal genauso schnell wie den Namen der Person, die Sie hier berät. Den nächsten Technikertermin habe ich in acht Wochen, und zahlen müssen Sie ohnehin. An Ihrer Stelle würde ich erst umziehen und dann die Störungsstelle anrufen. Da kommt der Techniker nach drei Tagen."

Was soll man sagen: Es hat funktioniert. Wie man dem Techniker erklärt, dass in einem Neubau ohne Anschluss eine Störung vorliegt? Gar nicht. Was hatte die Mitarbeiterin gesagt? "Dumm stellen und hartnäckig bleiben!" Marten Rolff

Zu aufdringlich

Wehe, wer als älterer Mensch den letzten Segnungen der Technik skeptisch gegenübersteht - und Telekom-Kunde ist. Er lernt ein Monster kennen, das ihn in den Wahnsinn treiben kann. Das gilt zumindest für jeden, der den Telefontarif wechseln möchte. Denn dann bekommt er es in jeder Hinsicht automatisch mit der Telebox zu tun. Genauer: mit einer Computerstimme, die unentwegt - notfalls ein ganzes Wochenende lang - anruft und verlangt, eine Nummernfolge einzutippen, um an einen Anrufbeantworter angeschlossen zu werden, auch wenn man diesen gar nicht benötigt.

Widerstand ist zwecklos. Die Stimme hört nicht zu. Egal wie oft man auflegt. Sie wird sich wieder melden. Mit verlässlich penetranter Freundlichkeit: "Hallo, hier ist Ihre Telebox, Ihr komfortabler Anschlussmanager." Wer ist es, der da bisher anrief? Herr Ricke persönlich? Dann möchte man ihn mit einem Telefonkabel erwürgen! Hoffentlich ist Herr Obermann ein komfortablerer Anschlussmanager. Peter Sartorius

Zu umständlich

Wenn die Oma früher ein neues Telefon brauchte, dann rief sie in der Postfiliale in der Bahnhofstraße an. Dann kam Herr Müller vorbei, stellte ihr ein Post-Telefon neben den Ohrensessel, und schon konnte die Oma telefonieren.

Und wenn es mal ein Problem gab, klingelte sie einfach Herrn Müller herbei. Bei der Telekom hat die Oma heute viel mehr Telefone zur Auswahl. Sie kann sich ein Bluetooth-Headset-Handy besorgen, mit T-online im Internet surfen und aus vielen Tarifen wählen. Dort, wo früher die Postfiliale stand, ist jetzt ein "T-Punkt".

Komisch: Den T-Punkt-Laden kann man ja gar nicht anrufen. Die Oma muss immer diese 0800-Nummer wählen, wenn sie mal was fragen will. Erst meldet sich Frau Schmidt, dann Herr Maier, dann Frau Makropulos. Das macht Oma völlig fertig. Stundenlang hängt sie in der Warteschleife und hört "Dadadadada", die Telekom-Melodie. Oma sagt, das sei echt kein Leben mehr. Stimmt. Martin Zips

Zu lange Leitung

Im Januar störte die Dame von der Telekom beim Essen: "Wir bieten doppelt so schnelles Internet zum selben Preis!" Solche Anrufe gehören ja verboten, aber irgendjemand muss unser Kopfschütteln nach dem sofortigen Auflegen für ein Nicken gehalten haben, denn drei Wochen später trafen ein: Paket mit "Splitter" sowie Schreiben mit Montagetermin und Rechnung für die neue Dienstleistung T-DSL 2000. Also Paket zurückgeschickt, Montage abgesagt, Rechnung storniert. Das Geld war aber längst abgebucht.

"Ist schon im System, das lässt sich nicht mehr ändern", meinte ein Namenloser bei der Beschwerdestelle. Später wurde das Geld gutgeschrieben. Trotzdem kommt die Rechnung jeden Monat wieder, gerade eben zum zehnten Mal. Immer 19,99 Euro incl. MWSt. Flehen, Drohen, Rasen, Heulen, Vormittage in Warteschleifen, wütende Faxe - nichts hat geholfen, es wird immer so weitergehen. Dauerauftrag kündigen? Dann schicken sie Mahnungen. Oder doch einen Anwalt nehmen? Es wäre die endgültige Niederlage. Thomas Kirchner

Zu kompliziert

Kennen Sie dieses Kinderspielzeug? Ein kleiner Ball muss in einen Würfel gesteckt werden. Der hat vier Öffnungen, nur eine ist rund: Hier passt er. Das Viereck lässt sich nur an anderer Seite hineindrücken - außer man schlägt es ein bisschen kaputt. Selbiges gilt fürs Dreieck. Wer noch nicht wusste, wie wichtig solch frühes Trockentraining ist, hat noch keinen WLAN-Anschluss der Telekom zusammengebaut "Total easy", hatte der T-Punkt-Verkäufer gesagt. "Die 50 Euro Installationskosten können Sie sparen."

Was er verschwiegen hat: Dass für den kabellosen Zugang ins Internet vier Geräte miteinander zu verkabeln sind und dass Frau, blond, Mitte dreißig, dafür einen halben Sonntag braucht: gelbes Kabel in gelbe Buchse, runder Stecker in rundes Loch und auch der Trick, ein Stückchen abzubrechen und zu quetschen funktioniert prima. Nur, dass der Laptop danach nicht ins Internet will. Bleibt die Flucht nach vorn: ab zum T-Punkt, warten bis der Verkäufer Mittag macht und Installateur bestellen. Kristina Läsker

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