Der Fall Harry Wörz:Das Ende einer Gerichts-Odyssee

Für den Mordversuch an seiner Frau saß Harry Wörz im Gefängnis - obwohl er immer seine Unschuld beteuert hat. Nach elf Verfahren vor verschiedenen Gerichten hat nun der Bundesgerichtshof entschieden: Freispruch.

Viereinhalb Jahre saß Harry Wörz im Gefängnis, weil er 1997 versucht haben soll, seine Frau zu töten. Jetzt, mehr als 13 Jahre nach dem Verbrechen, hat der Bundesgerichtshof ihn endgültig von dem Vorwurf freigesprochen. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Landgericht Mannheim entsprechend geurteilt. Mit der Entscheidung des BGH, eine Revision zu verwerfen, ist das Urteil rechtskräftig.

Harry Wörz erneut beim BGH

Harry Wörz im Gerichtssaal im Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Nach dem Richterspruch ist der 44-Jährige endlich ein freier Mann.

(Foto: dpa)

Die Karlsruher Richter haben damit einen Schlussstrich unter einen Fall mit insgesamt elf Verfahren vor verschiedenen Gerichten gezogen. (Az.: 1 StR 254/10)

Die Entscheidung des BGH war vom Publikum im Gerichtssaal mit Jubel aufgenommen worden. Wörz sagte unmittelbar nach dem Urteil: "Ich muss mir das alles erst durch den Kopf gehen lassen. Ich kann im Moment nichts dazu sagen." Zuvor hatte Wörz am Rande der Verhandlung gesagt, es gebe drei Opfer in diesem seit 13 Jahren laufenden Verfahren: "Meine frühere Frau Andrea, mein Sohn Kai und ich."

Der heute 44 Jahre alte Wörz war vom Landgericht Karlsruhe im Januar 1998 zu elf Jahren Haft wegen versuchten Mordes verurteilt worden, weil er seine von ihm getrennt lebende Frau angeblich nach einem Streit mit einem Schal stranguliert hatte.

Die Frau, eine Polizistin, überlebte die Attacke mit schweren Gehirnschäden. Sie ist seitdem ein Pflegefall und kann zu dem Täter keine Angaben machen.

Wörz kam nach vier Jahren und acht Monaten auf freien Fuß, nachdem er in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden war. Zuvor hatte ein Zivilgericht 2001 im Streit um Schadenersatz für das Opfer auf massive Ermittlungsfehler der Polizei hingewiesen und den Verdacht bekräftigt, dass der Geliebte der Frau, ebenfalls ein Polizist, tatverdächtig sein könnte.

Wer ist der wahre Mörder?

Gegen den Freispruch hatten die Staatsanwaltschaft und der Vater des Opfers zunächst erfolgreich Revision eingelegt. Die Revision gegen das dann zweite freisprechende Urteil wies der BGH nun zurück, weil das Landgericht Mannheim bei der erneuten Beweiswürdigung keine Rechtsfehler begangen habe.

Nachdem Wörz vom Mordvorwurf freigesprochen wurde, stellt sich die Frage nach dem eigentlichen Täter. Wörz' Frau hatte in der Mordnacht zum 29. April 1997 Besuch. Ein Nachbar hörte einen Streit, bei dem ein Mann gerufen haben soll: "Ich bring dich um, ich schlag dich tot. Mit mir kannst du das nicht machen!" Der Vater des Opfers, wie die Tochter ein Polizist, fand die Schwerverletzte danach in der Wohnung.

Anfänglich war auch der Geliebte der Frau als Verdächtiger betrachtet worden. Wörz selbst hatte schon seit einem Jahr von der Frau und dem zweijährigen Sohn getrennt gelebt. Ein Mordmotiv ließ sich nicht erkennen. Trotzdem konzentrierten sich die Ermittlungen bald nur noch auf den Ehemann. Offenbar zu Unrecht, wie das Urteil des Bundesgerichtshofes nun zeigt.

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