Der Fall Gsell:Drei Männer, ein Mercedes, eine Frau

Tatjana Gsell ist angeklagt wegen Versicherungsbetrugs und Vortäuschens einer Straftat. Wie die Witwe eines Schönheitschirurgen in den Mittelpunkt einer Farce um einen bankrotten Autohändler und einen verliebten Staatsanwalt geriet.

Von Hans Holzhaider

Am letzten Samstag rührte Tatjana Gsell, 33, auf einer Alm in Südtirol im Auftrag des bekannten Volksbildungskanals Pro Sieben in einem hölzernen Zuber selbst gesammelte Kuhscheiße an, um anschließend ihre Füße in dem grünlich-braunen Brei zu baden, am Montagfrüh um neun saß sie wieder mit einem Make-up, das mindestens eine Stunde konzentrierter Arbeit erfordert, zwischen ihren Anwälten Alexander Seifert und Steffen Ufer im karg möblierten Gerichtsaal 116 im Ostbau des Nürnberger Justizgebäudes, wo sie sich vor der Amtsrichterin Ute Kusch wegen versuchten Versicherungsbetrugs und Vortäuschens einer Straftat verantworten muss.

Der Fall Gsell: "So - wahr - mir - Gott - helfe." Von selbst gesammelter Kuhscheiße auf Pro Sieben bis zum Posieren im Gerichtssaal - das sind so die Pole, zwischen denen sich das Leben der Tatjana Gsell derzeit abspielt.

"So - wahr - mir - Gott - helfe." Von selbst gesammelter Kuhscheiße auf Pro Sieben bis zum Posieren im Gerichtssaal - das sind so die Pole, zwischen denen sich das Leben der Tatjana Gsell derzeit abspielt.

(Foto: Foto: ddp)

Das sind so die Pole, zwischen denen sich das Leben der Tatjana Gsell derzeit abspielt. Ist das vielleicht eine unangemessen lockere Betrachtungsweise? Ist hier nicht mehr Ernsthaftigkeit angesagt, wo doch bei der Sache, über die verhandelt wird, immerhin ein Mensch zu Tode kam?

Ach, leider muss man sagen: Nicht einmal der Tod des 76-jährigen Schönheitschirurgen Franz Gsell kam mit großer Ernsthaftigkeit daher, er wirkt wie eine späte und ziemlich schlechte Pointe in einer grotesken Komödie. Gibt es denn gar nichts, was uns innehalten und eine der Würde des Gerichts angemessene Haltung einnehmen lässt?

Wenn, dann wäre es vielleicht der Umstand, dass ein verhältnismäßig junger Mensch vor den Scherben seiner bürgerlichen Existenz steht, die sich bisher durchaus viel versprechend entwickelt hatte. Für den Staatsanwalt Stefan M., 33, der sich hier in der für ihn höchst ungewohnten Rolle als Angeklagter wiederfindet, steht wirklich viel auf dem Spiel, und das hat zumindest einen Hauch von Tragik.

Denn Stefan M. ist einer, der sich nicht nur von der schönen Fassade blenden ließ, die Dr. Gsell seiner zweiten Ehefrau zurechtgeschneidert hat. Stefan M. kannte und mochte Tatjana Gsell schon, als sie noch Tania Gick hieß und ihr Busen noch nicht so prall und ihre Nase noch nicht so kurz und gerade waren wie heute.

Oberstaatsanwalt Walter Knorr ist 57 Jahre alt, er könnte der Vater des Angeklagten Stefan M. sein, und das hat er ihm auch bei einem seiner gelegentlichen Besuche in der Untersuchungshaft gesagt. Er betrachtet Stefan M. eher als einen ungezogenen Jungen denn als einen verstockten Angeklagten. "Hätten Sie auf Ihre Mutter gehört", ruft er ihm einmal quer durch den Gerichtssaal zu, "die hat Ihnen doch geraten, die Finger von dieser Frau zu lassen!"

Finanzielle Lage Gsells in Marbella war prekär

Die Anklage, die der Oberstaatsanwalt zu verlesen hat, lässt viele Fragen offen. Der Sachverhalt, von dem die Staatsanwaltschaft ausgeht, ist folgender: Um die Jahreswende 2002/2003 lebte Frau Gsell mit dem Autohändler Helmut Becker im südspanischen Marbella. Die finanzielle Lage der beiden war prekär. Becker, Erbe eines renommierten Autohauses in Düsseldorf, war praktisch pleite, und die Zahlungsfähigkeit Tatjana Gsells hing vom guten Willen ihres im fernen Nürnberg weilenden Ehemannes ab.

Dieser Wille war unter den gegebenen Umständen keineswegs konstant. Allein im Dezember hatte Tatjana Gsell ihre goldene American-Express-Karte mit 10.000 Euro belastet, hin und wieder ließ Dr. Gsell die Karte sperren, was peinliche Situationen in vornehmen Restaurants zur Folge hatte.

Nun stand aber in der Garage in Nürnberg noch Tatjana Gsells dunkelblauer Mercedes 500 SL ; den, dachte sie, könnte man zu Geld machen, das würde ein bisschen Luft schaffen. Helmut Becker, in Autodingen bewandert, schaltete eine Anzeige in Auto-Motor-Sport, aber es meldeten sich keine Käufer, sondern nur ein kroatisch-serbischer Autoschieber, der einen für alle Seiten vorteilhaften Deal vorschlug: Das Auto würde samt Schlüsseln und Papieren übergeben, 30.000 Euro bar auf die Hand, Schlüssel und Fahrzeugbrief würden zurückgeschickt, wenn das Fahrzeug sicher im Ausland wäre, damit man es bei der Versicherung als gestohlen melden könne.

Diesen Plan, so lautet die Anklage, habe Tatjana Gsell ihrem Ehemann mitgeteilt, der sich nach anfänglichem Zögern auch einverstanden erklärt habe. Gleichzeitig aber habe Tatjana Gsell den ihr treu ergebenen Jugendfreund Stefan M. dazu überredet, sich am vorgesehenen Abend zum Anwesen der Gsells in der Nürnberger Sibeliusstraße zu begeben, die 30.000 Euro in Empfang zu nehmen, und, so trägt es der Oberstaatsanwalt vor, "den Tatort entsprechend dem eines Raubüberfalls zu präparieren, so dass auf diese Weise das Scheitern des Vorhabens sowie eine spätere Aufdeckung der Tat durch die Polizei verhindert würde".

Drei Männer, ein Mercedes, eine Frau

Gegen 18.30 Uhr am Abend des 5. Januar 2002 seien dann, wie vereinbart, zwei Mitglieder der Autoschieberbande erschienen, hätten aber nicht die vereinbarten 30.000 Euro übergeben, sondern das Auto einfach so mitnehmen wollen. Das habe Dr. Gsell verweigert, woraufhin einer der beiden Gangster ihm einige Schläge ins Gesicht und auf die Brust versetzt habe.

Dann seien die beiden unverrichteter Dinge geflohen. Nunmehr habe Stefan M., wie ausgemacht, mit Dr. Gsell zusammen ein paar Möbel umgeworfen, die Glasscheibe einer Terrassentür eingeschlagen, 5000 Euro aus Dr. Gsells Safe in einem Sicherungskasten versteckt und im Garten ein Küchenbeil, zwei Wollmützen und eine mit osteuropäischer Erdbeermarmelade befleckte rumänische Plastiktüte deponiert.

Anschließend sei Dr. Gsell mit Paketklebeband geknebelt worden, und Stefan M. habe in der Nähe der Autobahnanschlussstelle Nürnberg-Nord Dr. Gsells leeren Geldbeutel samt Personalausweis und Kreditkarten sowie ein fast leeres Marmeladenglas abgelegt.

Fragen über Fragen und kaum Antworten

Zwei Wochen später ließ Dr. Gsell durch seinen Rechtsanwalt beim Bayerischen Versicherungsverband den angeblich entstandenen Schaden melden: 5000 Euro Bares, eine goldene Bulgari-Uhr im Wert von 16.000 Euro, Tatjanas Ehering (den hatte sie nicht mit in Marbella) im Wert von 10.000 Euro, einen Joop-Geldbeutel mit 650 Euro Inhalt. Am 26. März 2003 starb Dr. Gsell an den Folgen einer Sepsis.

So, wie es in der Anklage steht, kann die Sache sich aber schwerlich zugetragen haben. Welchen Sinn sollte es machen, den Anschein eines Raubüberfalls zu erwecken, wenn in Wirklichkeit ein Auto verschoben werden sollte? Der Versicherung konnte man den angeblichen Diebstahl doch erst melden, wenn Schlüssel und Papiere wieder in der Hand des Eigentümers waren, da hätte der Überfall absolut nicht ins Bild gepasst.

Und nun war das Auto gar nicht weg, Schlüssel und Papiere waren auch noch da, warum in aller Welt sollte man jetzt noch einen Überfall vortäuschen? Und sollte der Staatsanwalt M. wirklich so dumm sein, das angebliche Opfer zwar zu knebeln, aber nicht zu fesseln und zu glauben, dass das der Polizei nicht auffallen würde? Fragen über Fragen, und vorläufig macht niemand in diesem seltsamen Stück Anstalten, sie zu beantworten.

Stefan M. kennt Tatjana Gsell noch aus seiner Jugendzeit in Bamberg, und 1993, da waren beide Anfang 20, habe er auch mal ein kurzes Verhältnis mit ihr gehabt, sagt er.

Nach seinem ersten Staatsexamen habe sie sich bei ihm gemeldet, ob man sich nicht mal wieder treffen könne. Sie habe dann über ihre Ehe geklagt, abgemagert sei sie gewesen, Selbstmordgedanken habe sie geäußert, und der gute alte Stevie kümmerte sich um sie und verliebte sich Hals über Kopf.

Dann zog Tatjana aber mit dem 60-jährigen Autohändler Becker nach Marbella ab; sie hat eben doch ein Faible für etwas ältere Herren. Aber Stevie ließ nicht locker. Ob er Tatjana hörig gewesen sei, wird er später von einem Kriminalbeamten gefragt. Er antwortet: "Hörig ist ein wenig zu hart, ich war ihr stets nachlaufend."

Tatjana rief immer bei Stevie an, wenn sie etwas brauchte. Herr Becker war ja nun leider pleite, und wurde ihr mit der Zeit ziemlich lästig. Sie erzählte ihrem Freund, dem Staatsanwalt, der Herr Becker betreibe Insolvenzverschleppung. "Du kannst ihn ja anzeigen", habe er ihr geraten, aber das habe sie nicht gewollt: "Bitte, bitte, mach du das", habe sie gefleht, "das kannst du doch viel besser."

Also nahm Stefan M. den Umschlag mit den Informationen, die Tatjana ihm geschickt hatte, und leitete sie anonym an die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf weiter. "Da müssen Sie der Dame aber schon sehr angehangen haben", wundert sich Richterin Kusch. "Ach", sagt Stefan M., "sie hat mir immer vorgespielt, sie wolle zurückkommen, und dann würde sie bei mir einziehen mit ihrem Hund und blablabla."

"Alles aus Liebe und Verwirrung gemacht"

Zweimal habe er ihr 1000 Euro geschickt für ein Rückflugticket; das Geld habe sie behalten, geflogen sei sie nicht. Früher hatte er ihr schon 25.000 Euro geliehen, als Starthilfe für ihre Wellness-Farm. Die hat er bisher auch nicht wiedergesehen. Aber mit der ganzen Autoschiebergeschichte und mit dem vorgetäuschten Überfall, beteuert Stefan M., habe er absolut nichts zu tun. Davon habe er erst erfahren, als Tania (er nennt sie immer noch Tania) am Abend des 5. Januar bei ihm angerufen und erzählt habe, zwei Typen mit Baseballschlägern hätten ihren Mann zusammengeschlagen.

Unglücklicherweise hat Stefan M. bei einer polizeilichen Vernehmung aber schon einmal zugegeben, er sei an jenem Abend in Nürnberg vor dem Anwesen des Dr. Gsell gewesen. Er habe, berichtet der Kriminalhauptkommissar Jürgen D., den Fahrtweg von Bamberg nach Nürnberg beschrieben, er habe berichtet, dass er von Frau Gsell den Auftrag erhalten habe, 30.000 Euro in Empfang zu nehmen, von denen er 5000 als Rückzahlung ihrer Schulden bei ihm behalten sollte.

"Er sagte, er habe das alles aus Liebe und Verwirrung gemacht", sagt der Kommissar. Stefan M. seinerseits sagt heute, der Beamte habe ihm damals mit der Verhaftung gedroht, wenn er nicht gestehe. Er, als Staatsanwalt, verhaftet! Und am nächsten Tag hatte er Jourdienst! Und so habe er sich einfach eine Geschichte ausgedacht, aus purer Angst und Panik.

Verhaftet wurde er trotzdem. In der Nacht sprach er mit einem Rechtsanwalt, der ihm riet, keine weitere Aussage zu machen. Aber am nächsten Tag wiederholte er seine Aussage vor der ermittelnden Staatsanwältin. Das zu erklären, ist nun wirklich sehr schwierig.

Drei Männer, ein Mercedes, eine Frau

Helmut Becker, der früher mit Ferraris, Lamborghinis und Maseratis handelte, lässt sich jedenfalls nichts davon anmerken, dass er in seiner Beziehung mit Frau Gsell keine sehr heldenhafte Rolle gespielt hat. Er ist noch immer ein stattlicher Mann, tadellos gekleidet, und hält sich kerzengerade. Er erzählt, er sei am Abend des 5. Januar mit Tatjana zum Chinesen essen gegangen.

Irgendwann, genau wisse er das nicht mehr, sei ein Anruf für Tatjana gekommen, und sie habe einen regelrechten Nervenzusammenbruch erlitten. Ihr Mann sei zusammengeschlagen worden! Sie habe geheult und geschluchzt. Er habe versucht, sie zu trösten, vergeblich. Ob der Nervenzusammenbruch vielleicht gespielt gewesen sein könnte?

Nein, das glaube er nicht. Sie fuhren dann ins Hotel zurück, "sie heulte natürlich noch immer, völlig klar", er habe sie dann in Ruhe gelassen. Nein, in irgendeinen Plan sei er nicht eingeweiht gewesen. Er habe gewusst, dass sich diese Autoschieber für ihren Mercedes interessierten. Er habe ihr sehr dringend abgeraten. "Lass die Finger davon", habe er gesagt, "das sind Verbrecher."

Oberstaatsanwalt Knorr kommt auf die beengten finanziellen Verhältnisse des Paares Becker/Gsell zu sprechen. Jawohl, sagt der Autohändler, die laufenden Ausgaben hat Frau Gsell getragen. "Ich habe ihr dafür meine Beratungskünste zur Verfügung gestellt" - Frau Gsell wollte ja in Spanien eine mondäne Schönheitsfarm aufmachen. "Das kam dann nicht zum Tragen."

Es waren ja, bohrt der Staatsanwalt nach, erhebliche Hotelkosten aufgelaufen? In der Tat, bestätigt Becker, 90 000 Euro seien eine durchaus realistische Schätzung. Der Vermögensverwalter von Dr. Gsell sei um die Weihnachtszeit in Marbella erschienen und habe Frau Gsells Anteil beglichen, die Logiskosten des Liebhabers wollte er verständlicherweise nicht übernehmen. Dafür musste Frau Gsell einen Teil ihrer Pretiosen als Pfand einsetzen.

Ob er denn erfahren habe, wer hinter dieser Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf steckte? Ja, sagt Helmut Becker, er habe ja Akteneinsicht bekommen, und da habe er diesen Umschlag gesehen. Und die Schrift darauf habe er erkannt, weil Frau Gsell ihm einmal etwas mit Lippenstift auf den Spiegel geschrieben habe. Er sei darüber natürlich sehr unglücklich gewesen. Aber es habe keinerlei unbeherrschte Äußerungen seinerseits gegeben. "Ganz der Gentleman", höhnt Oberstaatsanwalt Knorr. "Sie kommen aus Düsseldorf. Ein Bayer hätte da vielleicht anders reagiert."

Helmut Becker wahrt auch jetzt die Contenance. "Ich bin Berliner", sagt er. "Und ich war sechs Jahre lang Handelsrichter."

Als Zeugin erscheint Forouzandeh Gsell, 59, Betreiberin einer Schönheitspraxis in Garmisch-Partenkirchen, die erste Ehefrau des Schönheitschirurgen. Sie gibt an, in den vier Wochen vor dem angeblichen Überfall habe sie mehrmals mit ihrem Ex-Gatten telefoniert, und jedesmal habe er ihr angstvoll von einem angeblich bevorstehenden Einbruch berichtet. Er müsse das mitmachen, denn er werde ständig von Tatjana erpresst. Richterin Kusch horcht auf.

"Womit soll sie ihn denn erpresst haben?" "Dass er ihr Geld schickt. Er musste ihr immer Geld schicken." "Womit, Frau Gsell, womit sie ihn erpresst haben soll", drängt die Richterin. Endlich versteht die Zeugin die Frage. "Mit dem Toupet. Sie hat ihm gesagt, wenn du das nicht machst, musst du ohne Toupet auf die Straße."

Frau Gsell eins, die bekanntermaßen nicht gut auf Frau Gsell zwei zu sprechen ist, muss ihre Aussage beschwören. Sie ist so nervös, dass die Richterin ihr jedes Wort der Eidesformel einzeln vorsprechen muss: "So - wahr - mir - Gott - helfe".

Nun plötzlich aber spricht Frau Gsell

Tatjana Gsell hat bis jetzt geschwiegen, nur ihr Anwalt Steffen Ufer hat eine Erklärung verlesen, dass die gegen seine Mandantin erhobenen Vorwürfe "im Großen und Ganzen" zuträfen. Ganz besonders tue es ihr natürlich leid, dass ihr Ehemann "letztlich auf tragische Weise zu Tode kam", und "nicht zuletzt" bedauere sie, dass sie ihren langjährigen Freund Stefan M. "durch ihre Pläne und Wünsche in eine existenzbedrohende Situation gebracht hat".

Im Übrigen kurvt die Erklärung geschickt um einige wichtige Fragen herum. Was zum Beispiel die Vortäuschung des Überfalls betreffe, so könne Frau Gsell dazu nur sagen, dass Herr M. offenkundig im Haus gewesen sein müsse, denn er habe ihr berichtet, Dr. Gsell sei nur leicht verletzt worden und seine größte Sorge sei gewesen, dass sein Toupet nicht mehr richtig saß.

Nun plötzlich aber spricht Frau Gsell. Was sie dazu bewogen hat - wer weiß es. Vielleicht das Erlebnis auf der Alm? Die Leute dort oben, hat sie der Bildzeitung erzählt, seien so garstig zu ihr gewesen, dass sie richtig froh sei, wieder im Gericht zu sitzen, wo wenigstens gewisse Umgangsformen gewahrt würden.

Also, Frau Gsell, sagt die Richterin, was war denn nun ausgemacht zwischen Ihnen und Ihrem Mann und dem Herrn M.? Ja, sagt Tatjana, eben das mit den Autoschiebern. Der Herr M. habe ja gerade in Hof mit einem Autoschieberprozess zu tun gehabt, er habe ihr die Vorgehensweise dieser Leute erklärt. "Mein Mann war nicht begeistert."

Aber Anfang Januar habe er dann gesagt, gut, wenn der Staatsanwalt dabei ist, dann ist das ok. Der Versicherung sollte es als Einbruch verkauft werden, und man habe auch "die juristische Sicht" besprochen, wie man es machen müsse, damit es nicht herauskommt. Sie sollte die 30.000 Euro bekommen, die Versicherungssumme hätte dann der Ehemann behalten. Als sie dann später ihren Mann im Krankenhaus besucht habe, da habe er gesagt: "Alles vergessen, Hauptsache, du bist da und bleibst bei mir."

Epilog

Am 18. April 2003 erschien in den Nürnberger Nachrichten die von Tatjana Gsell aufgegebene Todesanzeige für ihren Ehemann: "Begrenzt ist das Leben, doch unendlich meine Liebe zu Dir. In diese Liebe Gottes eingebettet, bin ich dankbar für das Miteinander, für die liebevolle Zuwendung, und zeige trauernd das Ableben meines innig geliebten Ehemannes an."

Am darauf folgenden Tag, dem 19. April, hörten Polizeibeamte ein Telefongespräch zwischen Tatjana Gsell und einem Münchner Eheanbahnungsinstitut ab. Die trauernde Witwe beauftragte das Institut mit der Suche nach einem "adäquaten älteren Herrn". Es habe sich jedoch, betonte Frau Gsell am Dienstag in der Verhandlung, niemand gemeldet.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: