Süddeutsche Zeitung

Dennis Rodman in Nordkorea:Zocken für den Diktator-Kumpel

Dennis Rodman bezeichnet Kim Jong Un als "Freund fürs Leben" - jetzt organisiert er zum Geburtstag des nordkoreanischen Führers ein Basketballspiel in Pjöngjang. Auf der Suche nach Aufmerksamkeit begibt sich der frühere NBA-Held auf fragwürdiges Terrain.

Von Jonas Beckenkamp

Als Dennis Rodman noch ein aktiver Basketballer war, nannten sie ihn wahlweise "The Worm" oder "Dennis the Menace" (die Bedrohung). Zu seinem Repertoire auf dem Parkett zählten fiese Psychotricks, mit denen er seine Gegenspieler in den Wahnsinn trieb. Wie ein Wurm bohrte er sich in die Köpfe seiner Widersacher - entweder durch ständige blöde Sprüche über deren geliebte Mütter oder schlicht durch gezielte körperliche Gemeinheiten zur rechten Zeit. Rodman war ein herausragender Rebounder, keiner pflückte so viele Abpraller vom Ring, kaum ein Spieler verteidigte härter, niemand nervte so sehr wie er.

Mit dem Körbewerfen hatte er es dagegen nicht so. In diesen Tagen sind seine sportlichen Meriten von damals, als er an der Seite des legendären Michael Jordan gleich mehrere NBA-Titel gewann, ein wenig in Vergessenheit geraten. Dennis Rodman hat sich zu einer Show-Figur entwickelt - und weil sich zuletzt nur noch wenige Fans für ihn interessierten, zelebriert er seit mehr als einem Jahr eine politisch höchst fragwürdige Freundschaft. Mit Nordkoreas verstörendem Machthaber Kim Jong Un verbindet Rodman nicht nur eine Leidenschaft für den Sport mit der orangefarbenen Kugel, sondern angeblich auch eine dicke Männer-Kumpanei.

So kam es, dass der muskulöse Lulatsch gestern mit einem ganzen Team ehemaliger NBA-Profis in Nordkorea zu einem Geburtstagsspiel für den "Obersten Führer" eintrudelte. An diesem Mittwoch soll nun munter gezockt werden: Ein paar alte US-Basketballer gegen eine Auswahl aus Nordkorea. "Die Leute haben das für einen Witz gehalten", sagte der Exzentriker bei seiner Ankunft in der Hauptstadt Pjöngjang der Nachrichtenagentur AP. Von wegen. Er tue das auch nicht für Ruhm und Geld, sondern um Kim eine Freude zu bereiten. Was man halt so tut unter Basketball-Buddies.

Zu Ehren des Machthabers, der für den Tod zahlreicher Menschen verantwortlich sein soll, hatte der 52-jährige Rodman etliche Weggefährten von früher im Schlepptau. Unter anderem sollen der mehrfache Allstar Vin Baker, Defensivspezialist Doug Christie und Eric Floyd an seiner Seite antreten und anschließend gemischt weiterspielen.

Rodman ist dabei in passender Gesellschaft: Baker ruinierte seine vielversprechende Profikarriere einst mit Alkohol-Eskapaden, Christie fiel nach seinem Karriereende wie "The Worm" mit endlosen Eheproblemen auf, die er medienwirksam in einer eigenen Doku-Soap verarbeitete. Rodmans skandalumwitterte Beziehung mit Madonna in den 90ern sowie mehrere geschiedene Ehen (u. a. mit Baywatch-Badenixe Carmen Electra) sind in Amerika Promi-Kult.

Doch jetzt ist der Wurm nicht mehr daheim in den USA, sondern eben in Nordkorea. "Der Marschall versucht wirklich, das Land in einer großartigen Weise zu verändern", sagte Rodman in der für Nordkoreaner vorgeschriebenen Rede für Kim. Die Leute sollten in Zukunft in höchsten Tönen von dem unbekannten Land sprechen. "Ich hoffe, dass die Menschen künftig ein anderes Bild von Nordkorea haben."

Er habe Todesdrohungen wegen seiner Besuche bekommen, sagte der weitgereiste Tattooprotz. Rodman war nach seinen Trips im vergangenen Jahr international in die Kritik geraten, weil er die Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea nicht thematisiert hatte. Amnesty International spricht von einer "verheerenden Menschenrechtslage", Millionen hungernden Menschen und etwa 200.000 politischen Gefangenen - Rodman spricht lieber über Basketball mit ein paar Kumpels.

Besonders viele Freunde hat Machthaber Kim Jong Un nicht gerade. Er trifft seit seinem Aufstieg zum faktischen Staatschef im Jahr 2011 nur sehr selten Ausländer. Kim gilt jedoch als begeisterter Basketball-Fan, der sich in den 90ern besonders für die Dauergewinner der Chicago Bulls um Rodman, Scottie Pippen und Jordan interessierte. Im Februar 2013 hatte er Rodman das erste Mal empfangen. Im Anschluss bezeichnete der ehemalige Power Forward Kim als "Freund fürs Leben".

Der für seine Piercings, Körperbemalung und bunten Haare bekannte Basketballer hatte seine Profi-Karriere im Jahr 2000 beendet, nachdem er kurzzeitig noch an der Seite von Dirk Nowitzki in Dallas gespielt hatte. Er verdingte sich danach wahlweise als Schauspieler, Buchautor oder Wrestler, echter Erfolg blieb aber aus. Der einstige Multimillionär machte zuletzt häufiger mit finanziellen Problemen Schlagzeilen - seine Ambitionen, an der Seite des Diktators Aufmerksamkeit zu generieren, erklären sich wohl auch mit rein finanziellem Gewinnstreben.

Dass Nordkorea derzeit eine Phase politischer Angespanntheit durchmacht, scheint Rodman völlig egal zu sein. Die Situation in der Region ist wieder einmal verzwickt - und Kim schreckt vor keinem Mittel zurück. Im Dezember hatte der Tyrann seinen Onkel und Mentor Jang Song Thaek laut offiziellen Angaben wegen Hochverrats hinrichten lassen.

Dadurch ist das nordkoreanische Regime nach Ansicht der südkoreanischen Präsidentin Park Geun Hye noch unberechenbarer geworden. Südkorea müsse auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. "Ich kann nicht sagen, was Nordkorea künftig tun wird", sagte Park.

Mitten in diese Schieflage platzt jetzt Rodman mit seinem groß angelegten Geburtstagsspiel für den Diktator. Nach seiner Ankunft verteidigte der Amerikaner die Partie vehement als "große Idee für die Welt". Kritik an seiner "Basketball-Diplomatie" ließ er nicht zu. "Ich scheiß drauf, was Sie denken", herrschte Rodman einen CNN-Reporter an. Kim sei sein Freund.

(Mit Material von sid und dpa)

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