Süddeutsche Zeitung

Delia Owens:Vorwürfe gegen Autorin

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Mit ihrem Roman "Der Gesang der Flusskrebse" gelang der US-Amerikanerin Delia Owens ein Bestseller. Nun taucht ihr Name im Zusammenhang mit einem Mord in Sambia auf.

Von Anna-Lena Jaensch

Die besten Geschichten schreibt ja das Leben - nicht ohne Grund sind erfolgreiche Schriftstellerinnen und Schriftsteller oft Menschen, deren Biografien selbst nach einem spannenden Skript klingen. Es überrascht also kaum, dass die US-Amerikanerin Delia Owens, 73, die 2018 mit ihrem Roman " Der Gesang der Flusskrebse" einen internationalen Bestseller landete und nun mit der Kinoverfilmung erneut im Rampenlicht steht, mit einer lebhaften Vergangenheit aufwarten kann.

Wie ihre Protagonistin Catherine "Kya" Danielle Clark erkundete Owens schon als Kind die Landschaft North Carolinas. Die detailreichen Schilderungen vom Leben in der Wildnis, die das Buch auszeichnen, dürften eher aus ihrem späteren Leben als Zoologin und Aktivistin in Afrika stammen. Owens lebte und forschte dort gemeinsam mit ihrem Mann, dem Biologen Mark Owens, und dessen Sohn aus erster Ehe, Christopher Owens.

"Es gibt eine Menge Symbolik in diesem Buch", sagte Owens vor drei Jahren in einem Interview: "Sie müssen es nicht verstehen. Sie können es einfach als Geschichte lesen." Doch genau diese Symbolik könnte der Autorin nun zum Verhängnis werden.

Ihr Roman handelt nämlich von einem Mord. Und es besteht der Verdacht, dass auch hier die Grenzen von Fiktion und Realität, von dem, was wirklich passiert, und dem, was nur erfunden ist, fließend sind. Wie ihre Hauptdarstellerin Kya taucht nun auch Owens' Name im Zusammenhang mit einem Mord auf. War sie Zeugin? Oder zumindest Mitwisserin?

Fast 20 Jahre ihres Lebens verbrachten die Owens im North Luangwa National Park in Sambia. Ihr Ziel: Elefanten vor Wilderern zu schützen. Notfalls mit Gewalt, wie eine Recherche des Journalisten Jeffrey Goldberg für die Zeitschrift The Atlantic offenlegt.

Einen Hinweis darauf geben Aufnahmen des Senders ABC News, der das Ehepaar für die 1996 ausgestrahlte Dokumentation "Deadly Game: The Mark and Delia Owens Story" begleitete - und mit der Kamera draufhielt, als ein Mann ohne ersichtlichen Grund erschossen wurde. Wer den Abzug drückte, ist nicht erkennbar, auch die Identität des Getöteten bleibt unklar. Der Kameramann erklärte später, Christopher Owens habe den Schuss abgegeben.

"Der Busch ist der perfekte Ort, um einen Mord zu begehen."

Den Recherchen des Journalisten Goldberg zufolge sollen Delia und Mark Owens damals als selbsternannte Tierschützer Menschen, die sie als Gefahr für Wildtiere erachteten, auch an Pfähle gefesselt und geschlagen haben. Mehrere Personen seien bei ihren Einsätzen zur Bekämpfung der Wilderei getötet worden. Die Anwälte der Owens bestreiten das. Das Paar wird Medienberichten zufolge jedoch schon länger von den Behörden in Sambia polizeilich gesucht. Die beiden leben mittlerweile in den USA, in Idaho.

Dass der Mord vor der Kamera nie aufgearbeitet wurde, erklärt der ehemalige sambische Polizeikommissar Graphael Musamba im Gespräch mit dem Atlantic mit der fehlenden Grundlage für Ermittlungen: "Der Busch ist der perfekte Ort, um einen Mord zu begehen. Die Tiere fressen die Beweise."

Es liege aber die Vermutung nahe, so die örtliche Polizeibehörde jetzt gegenüber der Zeitschrift, dass Mark Owens die Leiche mit seinem Hubschrauber in einer nahe gelegenen Lagune entsorgte.

Auch in Delia Owens' Bestseller, der im August in die deutschen Kinos kommen soll, wurde ein Mord, der aus einem Gerechtigkeitsempfinden heraus begangen wurde, durch die Einflüsse der Natur vertuscht. Die Protagonistin Kya, die sich zuletzt - Achtung, Spoiler! - als Mörderin herausstellt, wurde nie für ihre Tat belangt. Das Gericht entscheidet sich im Roman zu einem Freispruch aus Mangel an Beweisen.

Nun werden in Sambia erneut Forderungen laut, die Autorin und Aktivistin Delia Owens solle endlich vor Gericht aussagen. Ob es für sie in diesem Fall ebenfalls ein Happy End geben wird, bleibt offen.

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