Japan:Forscher beobachten Delfin beim Gähnen

Neues Delfinarium in Griechenland - Großer Tümmler

Und wieder stellt sich die Frage: Frisst du noch oder gähnst du schon?

(Foto: Orestis Panagiotou/dpa)

Es soll sich um das erste Gähnen eines Meeressäugers handeln. Der Fall aus Japan ist eine Sensation in der internationalen Chasmologie. Und ein Fall für den Tierschutz?

Von Martin Zips

Neben dem Niesen und dem Lachen gehört das Gähnen zu den ganz großen Mysterien des Lebens. Der Philosoph Arthur Schopenhauer etwa sah im Gähnen ein "Defizit an Sensibilität", der römische Naturforscher Plinius der Ältere hingegen meinte hier dem Tod nahe zu sein, während der Volksmund steif und fest behauptet: "Wenn du gähnst, dann denkt jemand an dich."

Sicher ist, dass Gähnen in menschlicher Gemeinschaft häufig als unhöflich wahrgenommen wird. Wer gähnt, so wirkt es zumindest, muss von seinem Gegenüber recht gelangweilt sein. Oft stimmt das auch. "Gähnen und Niesen lassen dich meist närrisch aussehen", warnt jedenfalls der japanische Ehrenkodex für Samurai aus dem Jahr 1715. Also sollte man das Gähnen lieber unterdrücken?

Im "Minamichita Beachland Aquarium" in Japan soll jetzt erstmals ein Delfin beim Gähnen erwischt worden sein. Eine Sensation in der internationalen Chasmologie, wie sich die Gähnforschung nennt. Bisher galten Delfine ja als ausgewiesene Nicht-Gähner. Wissenschaftler der japanischen Universität Mie wollen nun herausfinden, ob es vielleicht noch weitere Unterwassergähner gibt und ob Tiere in Gefangenschaft womöglich häufiger gähnen als in der freien Natur. Denn dann wären gähnende Delfine ein Fall für den Tierschutz.

Außerhalb von Aquarien reißen Wirbeltiere ja ganz gerne mal ihr Maul auf. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Mal wollen sie anderen damit drohen (wie etwa Stummelschwanz-Makaken). Mal begrüßen sie sich freundlich auf diese Weise oder renken sich - wie die Schlange nach dem Verzehr einer Ratte (Ratten bekommen beim Gähnen angeblich eine Erektion) - den Kiefer wieder ein.

Alles nur vorgetäuscht?

Menschen, zum Beispiel denen im Theater, geht es beim Gähnen oft um eine möglichst effiziente Luftzufuhr. Meist wird die so angestrebte Kühlung sogar zum Gruppeneffekt (denn Gähnen ist ansteckend). Manchmal reicht sogar schon das Lesen eines Gähn-Artikels, wie er hier vorliegt, und schon ist der eigene Körper nicht mehr zu bändigen. Überhaupt gähnt der Mensch bereits ab der 11. Schwangerschaftswoche. So trainiert er schon früh seine Lungenflügel und hält sich die Eustachische Röhre frei.

Ein gähnender Delfin allerdings ist eine ganz besondere Sache. Genauso übrigens wie eine gähnende Giraffe (auch Giraffen gähnen eigentlich nicht). Und richtig, vom authentischen Gähnen kann man in der Chasmologie freilich nur sprechen, wenn gleichzeitig die Augen geschlossen und (bei Meeressäugern fällt das weg) die Arme ausgestreckt sind. Außerdem sollte ein ausgewiesener Entspannungseffekt zu bemerken sein. Sonst könnte es sich hier möglicherweise um nur vorgetäuschtes Gähnen handeln.

Es gibt also noch einiges zu tun, für die Wissenschaftler in Mie. Dass es ausgerechnet ein japanischer Delfin war, bei dem das Unterwasser-Gähnen eines Meeressäugers erstmals beobachtet werden konnte, das macht den Fall nur noch interessanter. Denn in Japan, so hört man, sei allein das Entweichen körpereigener Luft gesellschaftlich noch weniger anerkannt.

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