Süddeutsche Zeitung

Debatte um Asia Argento:"Heuchlerisch und inakzeptabel"

  • Einem Bericht der New York Times zufolge soll Asia Argento einem jungen Mann Geld gezahlt haben, der ihr sexuelle Nötigung vorgeworfen hatte.
  • Im Netz ist daraufhin eine Debatte entbrannt - über das Verhalten der Schauspielerin, die als eine der Hauptakteurinnen der "Me Too"-Bewegung gilt.
  • Kritik gibt es hauptsächlich an ihrem persönlichen Verhalten - aber auch an der Struktur der Bewegung.

Von Valeriya Safronova

Im Netz ist eine Debatte über Asia Argento entbrannt. Die Schauspielerin hatte den Filmmogul Harvey Weinstein der Vergewaltigung bezichtigt und damit die "Me Too"-Bewegung mit ausgelöst. Jetzt berichtet die New York Times, Argento habe einem jungen Mann 380 000 US-Dollar bezahlt um eine Klage wegen sexuellen Missbrauchs abzuwenden. Der Zeitung liegen dem Bericht zufolge mehrere Dokumente vor, aus denen hervorgeht, dass Argento eine außergerichtliche Vereinbarung mit ihm erzielte.

Argento hatte dem Magazin New Yorker im Jahr 2017 erzählt, dass sie 1997 als 21-Jährige von Harvey Weinstein vergewaltigt worden sei. Einen Monat später soll Jimmy Bennett mit dem Vorwurf an sie herangetreten sein, ihn 2013 im Alter von 17 Jahren sexuell missbraucht zu haben. Die beiden kannten sich seit den Dreharbeiten zu einem Film über Kindesmissbrauch 2004.

Die Debatte nach den Enthüllungen entwickelt sich nun in unterschiedliche Richtungen: Unterstützer der "Me Too"-Bewegung betonen, auch wenn die Anschuldigungen gegen Argento stimmen sollten, stünden sie nicht im Widerspruch zu dem System des Machtmissbrauchs, das die "Me Too"-Debatte aufgedeckt habe.

So schreibt Amee Vanderpool, Anwältin und Vorsitzende einer Organisation für Gleichberechtigung, auf Twitter: "Zwei Aussagen können gleichzeitig über Asia Argento wahr sein: 1. Sie wurde von Harvey Weinstein missbraucht 2. Sie hatte Sex mit einem Minderjährigen, 10 Monate vor seinem 18 Geburtstag, und zahlte ihm Geld dafür, nichts zu sagen. Beides ist inakzeptabel, und das eine schließt das andere nicht aus."

Der Autor und Journalist Mark Nichols schreibt: "Das ist schrecklich, aber ich sehe keinen anderen Schluss als `Zwei Dinge können gleichzeitig wahr sein.'"

Männliche Missbrauchsopfer melden sich zu Wort

Die Leserkommentare zum New York Times-Artikel fallen teils deutlich kritischer aus: Viele werfen Argento nun vor, es sei heuchlerisch, sich zum Gesicht einer Bewegung über sexuellen Missbrauch zu machen, während man selbst in der Vergangenheit auf diese Weise gehandelt habe.

Andere argumentieren, die Anschuldigungen seien ein Beweis dafür, wie gefährlich es sei, die Struktur einer Bewegung um eine Hand voll Personen herum aufzubauen. "Die 'Me Too'-Bewegung ist eine kraftvolle und stärkende Bewegung, die die Aufmerksamkeit auf echte Probleme gelenkt hat", schreibt ein Kommentator. "Entscheidend ist, dass die Bewegung eigenständig bestehen kann, und nicht nur wegen denen, die am lautesten schreien." Ein anderer fügte hinzu: "Ist diese jüngste Anklage gegen Frau Argento ein Kommentar zur Bewegung? Nein, ist es nicht. Es ist ein Kommentar zu Frau Argento."

Eine Reihe von Männern berichten nun von ihren eigenen Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen - und von der Erfahrung, in ihrem Leid nicht ernst genommen zu werden. "Wenn andere Männer uns nicht glauben, unser Trauma herunterspielen, behaupten, wir hätten es genießen sollen, oder eine andere unsensible Bemerkung machen - dann erzählen männliche Opfer oft niemandem mehr von Missbrauch", heißt es in einem Kommentar zum New-York-Times-Artikel. Männer, die Geschichten über sexuelle Übergriffe erzählen, würden Stereotype männlicher Macht herausfordern, die viele Menschen nicht hinterfragen wollten. "Der Punkt sollte sein, sexuelle Übergriffe und Diskriminierung ans Licht zu bringen und den Opfern zu helfen. Das ist kein Thema eines einzelnen Geschlechts."

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