Debatte über Wildtierverbot in Zirkussen:"Das Publikum will Tiere sehen - vor allem exotische"

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Elefanten, die Männchen machen - damit könnte es bald vorbei sein: Der Bundesrat entscheidet an diesem Freitag über ein Wildtierverbot in Zirkussen. Frank Keller vom Circus Krone gibt sich jedoch optimistisch und verteidigt die umstrittenen Attraktionen in der Manege: Die vorgeführten Tricks seien natürliche Verhaltensweisen der Tiere.

Karoline Meta Beisel und Florian Fuchs

Der Bundesrat will an diesem Freitag eine Gesetzesinitiative auf den Weg bringen, um Wildtiere in Zirkussen zu verbieten. Affen, Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner und Flusspferde dürften dann nicht mehr in der Manege auftreten. Frank Keller beunruhigt das wenig. Der Sprecher des Münchner Circus Krone, des größten Zirkus Europas, bezweifelt stark, dass es zu solch einem Verbot in Deutschland kommen wird.

Elefanten, die sich auf ihre Hinterbeine stellen - das wirkt unnatürlich, ist nach Aussage des Circus-Krone Sprechers Frank Keller aber ganz normal für die Dickhäuter: "Das ist ein Rüsselstand und eine absolut natürliche Verhaltensweise." (Foto: dpa)

SZ: Herr Keller, welche Eier kaufen Sie: Freilandhaltung oder Käfighaltung?

Keller: Freilandhaltung natürlich. Da geht es den Hühnern ja angeblich besser.

SZ: Würde es Ihren Tieren in der freien Wildbahn nicht auch besser gehen?

Keller: Zirkustiere sind ja keine freien Tiere, das sind keine Wildtiere. Die werden in menschlicher Obhut geboren und auch dort großgezogen. Unsere Löwen zum Beispiel sind schon in der 13. Generation bei uns. Die würden in freier Wildbahn keinen Tag überleben.

SZ: Aber nur, weil die Tiere nichts anderes kennen, ist die Zirkushaltung nicht gleich artgerecht, oder?

Keller: Doch, unsere Haltung ist artgerecht. Weil wir unseren Tieren alles bieten, was sie von Natur aus brauchen.

SZ: Und das wäre?

Keller: Nehmen Sie unsere acht Elefanten. Die werden in der Herde gehalten, haben zu fressen und genug Bewegung, sodass sie keine Schäden davontragen. Wir halten uns an die Leitlinien, in denen alles genau vorgeschrieben ist, wir übererfüllen sie sogar mit unseren zwei großen Ställen und einem Auslaufgehege, in dem sich die Tiere ständig frei bewegen können.

SZ: Aber ist denn ein Kopfstand in der Manege eine natürliche Bewegung?

Keller: Das ist ein Rüsselstand und eine absolut natürliche Verhaltensweise. Wenn ein Elefant an ein Wasserloch will, geht der mit den Hinterbeinen nach oben und gräbt nach Wasser. Deshalb wurde auch vor Gericht entschieden, dass wir das weiter zeigen dürfen.

SZ: Tierschützer sehen das anders.

Keller: Ach, Tierschützer. Das sind keine Tierschützer, das sind Tierrechtler. Deren Spendengelder fließen ja nicht in Tierschutzprojekte, sondern in Kampagnen, um ganz fanatisch ihr Ziel durchzusetzen. Denen geht es nicht um das Wohl von Tieren in menschlicher Obhut, sondern die lehnen das generell ab. Erst bei uns im Zirkus, dann im Zoo, und am Ende wollen sie den Leuten den Hund oder die Katze zu Hause verbieten.

SZ: Aber Sie können doch nicht leugnen, dass es immer wieder Probleme mit Zirkussen gibt, die Tiere falsch halten.

Keller: Dass wir in der Branche viele schwarze Schafe haben, wissen wir selbst. Es gibt etwa 250 Zirkusse in Deutschland, von denen sind ungefähr 90 Prozent unseriös. Da sind auch große Zirkusse dabei, die vor allem wegen ihres Namens noch existieren, den ihre Vorfahren mal aufgebaut haben. Bei denen sind weder das Preis-Leistungsverhältnis noch die Tierhaltung in Ordnung.

SZ: Was läuft denn bei diesen Zirkussen schief?

Keller: Die Tiere sind den ganzen Tag lang angebunden, das gibt es ja leider immer noch. Manchmal bekommen sie auch nicht genug Futter.

SZ: Das sind doch gute Argumente für ein Wildtierverbot.

Keller: Nein! Wir schaffen ja auch nicht die Führerscheine ab, bloß weil einige nicht richtig Autofahren können. Was wir statt eines Verbots brauchen, sind häufigere und strengere Kontrollen. Wir haben ein hervorragendes Tierschutzgesetz in Deutschland, die Behörden müssten nur konsequenter durchgreifen. Wenn der Tierarzt kommt und sieht, dass die Tiere halb verhungert dastehen, muss er Bußgelder verhängen oder im schlimmsten Fall die Genehmigung entziehen.

SZ: Hat nicht auch der Circus Krone 2009 ein Bußgeld bekommen?

Keller: Unser einziges. Die zwei Beanstandungen sind für uns nicht nachvollziehbar. Es gab zwölf Vorwürfe, zehn wurden fallen gelassen. Das eine Problem war, dass wir den Elefanten keine Laubäste zur Beschäftigung gegeben haben. Das war im Winter - selbst wenn wir beim Zirkus sind, können wir da keine Laubäste herbeizaubern. Der andere Vorwurf war, dass wir die Pferde nach der Probe nicht sofort ins Außengehege gebracht haben. Wir haben sie erst in die Box zum Abtrocknen geführt, weil sie verschwitzt waren.

SZ: Die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" wirft Ihnen vor, Sie hätten auf Ihrer aktuellen Tournee die Elefanten bis zu 20 Stunden lang in enge Transporter gepfercht.

Keller: Wir wollten auch wissen, ob das für die Tiere Stress ist und haben Speichelproben genommen. Das Ergebnis: Es ist überhaupt kein Stress. Viele Kritiker haben keine Ahnung, wovon sie reden. Das ist das Problem.

SZ: Aber dann müsste man doch darüber diskutieren. Wir wollten ein Streitgespräch mit Ihnen und einem Tierschützer führen. Warum haben Sie abgelehnt?

Keller: Wir treffen uns regelmäßig mit anerkannten Tierexperten und diskutieren, was man besser machen kann. Aber ich setze mich nicht mit einem Tierrechtler an einen Tisch, da kommt nichts dabei raus, null. Der will schwarz, wir wollen weiß, es gibt keinen Zwischenweg.

SZ: Österreich hat sich bereits für ein Wildtierverbot entschieden.

Keller: Ja, und wir klagen dagegen. Das verzerrt den Wettbewerb in der EU und ist ein Eingriff in die Berufsfreiheit von Dompteuren. Deshalb wird es auch in Deutschland kein Wildtierverbot geben. 2003 hat der Bundesrat das schon einmal versucht. Im Bundestag gab es dafür aber keine Mehrheit. Das wird nun wieder so kommen.

SZ: Es sollen ja nicht alle Tiere verboten werden, Pferde und Tiger wären noch erlaubt. Sie müssten auf die Elefanten und ein Nashorn verzichten. Wäre der Circus Krone nicht auch so erfolgreich?

Keller: Ich glaube nicht. Das Publikum will Tiere sehen, das merken wir auch an unseren Besucherzahlen. Es gibt eine Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung, die nicht von uns angestoßen wurde. 95 Prozent aller Befragten haben gesagt, dass sie im Zirkus Tiere sehen wollen, und zwar vor allem exotische. Das ist die Meinung des Volkes.

© SZ vom 25.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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