Süddeutsche Zeitung

Daschner-Prozess:Staatsanwaltschaft fordert nur Geldstrafe auf Bewährung

Bisher war die Anklage von einem besonders schweren Fall von Anstiftung zur schweren Nötigung ausgegangen. In seinem Antrag blieb der Staatsanwalt jedoch aufgrund "massiver Milderungsumstände" deutlich unter dem dafür vorgesehenen Strafmaß. Daschner hatte dem Metzler-Entführer Magnus Gäfgen Gewalt androhen lassen.

Die Staatsanwaltschaft fordert eine milde Bestrafung des früheren Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner wegen der Gewaltandrohung gegen den Entführer Magnus Gäfgen.

Für Daschner beantragte Staatsanwalt Wilhelm Möllers am Donnerstag vor dem Frankfurter Landgericht eine Geldstrafe von 27.000 Euro auf Bewährung wegen Anstiftung zu schwerer Nötigung und für Ortwin Ennigkeit 14.400 Euro Geldstrafe auf Bewährung wegen schwerer Nötigung. Damit blieb er unter dem gesetzlichen Strafrahmen, der sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe vorsieht.

"Nähe zum Verbotsirrtum"

Der Staatsanwalt führte zu Gunsten der Angeklagten "massive Milderungsumstände" an: Es habe sich um einen Ausnahmefall gehandelt, ihr Motiv der Lebensrettung sei ehrenvoll, und Daschner habe sich in der "Nähe zum Verbotsirrtum" befunden, indem er seine Anweisung, Gäfgen mit Schmerzen zu drohen, für erlaubten unmittelbaren Zwang hielt.

"Ich bin mir schon bewusst, dass ich mich der Kritik aussetze", sagte Möllers. Er erhalte nahezu täglich Zuschriften mit der Ansicht "Daschner gehört ein Orden verliehen", sagte der Staatsanwalt und betonte: "Ein Orden gehört dem Angeklagten bestimmt nicht verliehen."

Ein Schuldspruch sei "unerlässlich und geboten", um generalpräventiv deutlich zu machen, dass das Verhalten der Angeklagten verboten und strafbar sei. Aber insbesondere Daschner erscheine durch Versetzung, Disziplinarverfahren und einen Schuldspruch ausreichend bestraft, sagte der Staatsanwalt.

Er glaube, dass beide Angeklagten ihr Vorgehen bereuen und die Strafbarkeit ihres Verhaltens einsehen. Künftige Rechtsverletzungen befürchte er von ihm nicht.

"Einsame Entscheidung getroffen, die falsch war"

Daschner habe eine "einsame Entscheidung getroffen, die falsch war". Er hätte die Polizeimaßnahmen zur Suche nach Jakob abwarten müssen, sagte Möllers. Außerdem hätte Daschner "zwingend" die Staatsanwaltschaft einschalten müssen.

Dass er dies unterließ, sei ein eklatanter Fehler. Der Staatsanwalt widersprach Daschners Argument, das Entführungsopfer Jakob von Metzler habe den Anspruch an den Staat auf Schutz seines Lebens. "Dann ist die Würde des Menschen antastbar." Es wäre ein "Dammbruch-Effekt" und eine "Aushöhlung unumstößlicher Rechtsgarantien zu befürchten", betonte Möllers.

Er forderte eine Verurteilung des Kriminalhauptkommissars Ennigkeit wegen schwerer Nötigung und glaubte dessen Aussage nicht, er habe Gäfgen bereits mit Appellen an sein Gewissen zur Preisgabe des Verstecks gebracht.

Gäfgen, der auch seine Mutter belogen habe, sei nicht auf emotionaler Ebene zu beeindrucken gewesen, betonte der Staatsanwalt. Nach seiner Ansicht hatte Ennigkeit Gäfgen auch nicht nur die Gewaltandrohung angekündigt, sondern bereits mit Gewalt bedroht.

Der Staatsanwalt betonte, es gehöre zum "Grundwerkzeug eines jeden Polizeibeamten", dass sie eine Aussage nicht mit Zwang herbeiführen dürften. Und bei den Angeklagten handele es sich um erfahrene Beamte. Zu ihren Gunsten führte Möllers an, dass Daschner sein Vorgehen nicht vertuscht habe.

Die Geldstrafen sollen nach dem Willen der Ankläger für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Zusätzlich sollen beide eine Geldauflage von 10.000 Euro im Fall Daschner und von 5.000 Euro im Fall Ennigkeit zahlen.

Das Urteil wird am 20. Dezember verkündet.

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