Darmkeim in Berliner Kliniken:Totes Frühchen infizierte sich im Herzzentrum

Nicht in der Charité hat sich das am 5. Oktober verstorbene Baby mit einem Darmbakterium infiziert, sondern im Deutschen Herzzentrum. Zuvor sei es keimfrei verlegt worden, heißt es von Seiten des Berliner Gesundheitsamtes.

Baby in Berliner Klinik an Darmkeim gestorben

Das Serratia-Bakterium ist für Personen mit geschwächtem oder noch nicht richtig ausgebildetem Immunsystem - wie Frühchen - gefährlich.

(Foto: dapd)

Ein Frühchen ist infolge einer Infektion mit dem Serratia-Bakterium bereits gestorben. Weitere Babys sind erkrankt. Bislang stand im Zusammenhang mit den Darmkeim-Infektionen die Berliner Charité im Fokus, doch nun wird bekannt: Auch am Deutschen Herzzentrum haben sich vier Säuglinge infiziert. Das berichtete das Bezirksamt Berlin-Mitte und sprach in einer Mitteilung von einer sich "ausweitenden Krise". Ein Krisenstab habe seine Arbeit aufgenommen.

Am 5. Oktober war im Berliner Herzzentrum ein Säugling vermutlich an dem Keim gestorben. Nach Einschätzung der Behörden brachte das Baby den Krankheitserreger jedoch nicht, wie ursprünglich vermutet, aus der Charité mit. Das Kind sei keimfrei ins Herzzentrum verlegt worden, sagte die Leiterin des Gesundheitsamtes Mitte, Anke Elvers-Schreiber. Zuvor sei es in der Charité zwar auch mit den Keimen infiziert gewesen, aber erfolgreich behandelt worden.

Serratien sind vor allem für Personen mit nicht richtig ausgebildetem oder geschwächtem Immunsystem gefährlich. Zwei Stationen des Uniklinikums - das in unmittelbarer Nachbarschaft des Herzzentrums liegt - sind von dem Keimausbruch betroffen.

Nun heißt es aus dem Bezirksamt, es habe auch im Herzzentrum vier Darmkeim-Infektionen gegeben.

Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung

Bei einem weiteren Säugling sei der Darmkeim festgestellt worden, das Kind war aber ohne Krankheitssymptome. Den Beginn des Darmkeim-Ausbruchs im Deutschen Herzzentrum nannte das Gesundheitsamt nicht. Auch die Staatsanwaltschaft machte bislang keine Angaben zu Fällen in dieser Einrichtung.

Die Behörde hat jedoch Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung aufgenommen, dazu wurden in beiden Institutionen mögliche Beweise gesammelt: Die Staatsanwaltschaft ließ Krankenakten der Charité und des Deutschen Herzzentrums sicherstellen. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, die Beweismittel konzentrierten sich auf einen Zeitraum von heute bis in den September hinein.

Nach Informationspannen an der Charité im Zusammenhang mit den Darmkeim-Infektionen soll jetzt auch das Krisenmanagement verbessert werden. Unter der Leitung der Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sollen die Uniklinik, aber auch das Herzzentrum für Aufklärung sorgen. Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) kündigte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus an, das Team werde sich an diesem Freitag treffen, auch um eine bessere Kommunikation zwischen den Institutionen voranzutreiben.

Es könne nicht sein, dass ein Neugeborenes im Herzzentrum operiert werde und sterbe, dort ein Totenschein ausgestellt werde und "die Charité das Herzzentrum keine einzige Minute darüber informiert, dass das Kind mit Serratien-Keimen besiedelt war", kritisierte Czaja im RBB-Inforadio.

Verstorbenes Frühchen wird möglicherweise exhumiert

Geprüft werde weiterhin, ob das Baby, das bereits bestattet ist, für eine Obduktion exhumiert werden soll. Ein externer Gerichtsmediziner müsse beurteilen, ob dies noch sinnvoll sei, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft: "Das dauert." Erst am Mittwoch hatten die Ermittler offiziell erfahren, dass das Kind, das sie eigentlich obduzieren sollten, längst beigesetzt war.

Der Zustand von sechs weiteren erkrankten Kindern auf zwei Charité-Stationen für Frühchen und kranke Neugeborene war unterdessen weiter stabil. "Wir haben keine Veränderungen zum Vortag, keine neuen Infizierten", berichtete eine Sprecherin. Sieben weitere Kinder würden derzeit noch intensiv beobachtet, hieß es.

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