Süddeutsche Zeitung

Kriminalität im Darknet:Wenn Ermittler in der digitalen Steinzeit festhängen

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Waffen, Drogen und gefälschte Pässe werden statt an schummrigen Ecken heute öfter im Netz gekauft. Das wäre kein großes Problem, wenn Polizei und Staatsanwaltschaften technisch auf der Höhe wären.

Ein Kommentar von Ronen Steinke

So, wie Amazon die traditionellen Buchhändler sterben lässt, so pflügt der digitale Wandel auch das Drogengeschäft um. Käufer und Verkäufer finden auf Darknet-Plattformen zueinander, dort liegt die Ware aus: "Nicht umsonst hat diese tolle Sorte den 1. Platz in der Kategorie 'Best Hybrid' beim Medical Cannabis Cup 2013 in Los Angeles erreicht", wirbt ein Marihuana-Händler in seinem Online-Shop. Der Nutzer klickt auf die gewünschte Menge, rein in den Warenkorb, bezahlt wird am Ausgang per Bitcoin.

So ähnlich verlagern sich auch andere, dunklere Geschäfte: Waffen, gefälschte Pässe - statt an schummrigen Ecken wird öfter im Netz gekauft. Eine Horrornachricht ist das nicht unbedingt. Die Leute koksen unterm Strich nicht mehr deshalb. Sie kaufen auch nicht mehr illegale Pistolen als früher.

Ein Horror ist aber, wie leicht sich Ermittlungsbehörden mancherorts abhängen lassen vom technischen Wandel. Positive Ausnahmen gibt es: Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität (ZIT) bei der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, die gerade spektakulär die weltweit zweitgrößte kriminelle Handelsplattform "Wall Street Market" zerschlagen hat, ist einer von wenigen Leuchttürmen in Deutschland.

Bei manch anderen Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden ist noch von "EDV" die Rede, und von örtlichen Zuständigkeiten. Und im Strafgesetzbuch steht noch immer etwas von Scheckkartenmissbrauch; da möchte man am liebsten den Staub von der Seite pusten. Der Eurochequeverkehr ist schon mit Ablauf des Jahres 2001 abgeschafft worden.

Nötig wäre viel mehr Mut bei Ermittlern, sich im Netz umzutun; die Befugnisse dafür sind bereits da. Ermittler können heute im Darknet genauso auf Streife gehen wie herkömmlich in dunklen Parks; dann bleibt auch der Erfolg nicht aus, wie jetzt der Schlag der ZIT gegen den "Wall Street Market" zeigt.

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