Dänemark:Ein Grenzzaun gegen die Schweinepest

Wildschschwein

Seinen eigenen Wildschweinbestand hat Dänemark längst ausgerottet.

(Foto: dpa)
  • Die dänische Regierung ist besorgt. In mehreren östeuropäischen Ländern ist die Afrikanische Schweinepest auf dem Vormarsch.
  • Um die Ausbreitung zu verhindern soll nun ein 70 Kilometer langer Zaun entlang der deutsch-dänischen Grenze gebaut werden.
  • Das Parlament muss den Plänen noch zustimmen. Deutsche Politiker kritisieren die Pläne - den Rechtspopulisten in Dänemark kommt der Grenzzaun dagegen gelegen.

Von Silke Bigalke

Um Missverständnisse zu vermeiden: Die meisten Dänen haben nichts gegen Schweine, im Gegenteil. Besonders gerne mögen sie die Tiere als Hotdog oder Rullepølse, das ist gerollter Schweinebauch in Wurstscheiben geschnitten. Vor allem sind die Schweine ein Wirtschaftsfaktor, Dänemark verkauft jährlich 30 Millionen von ihnen ins Ausland. Würde nur ein Tier infiziert, blieben knapp sechs Millionen Dänen plötzlich auf fünfmal so vielen Exportschweinen sitzen. So viel Rullepølse kann wirklich niemand essen.

Verständlich also, dass die dänischen Schweinebauern ihre Tiere abschotten möchten. Schon lange fährt das Land eine Nulltoleranzpolitik gegenüber Wildschweinen. Denn die könnten alles Mögliche anschleppen, klassische Schweinepest, Maul- und Klauenseuche. Die größte Sorge derzeit ist die Afrikanische Schweinepest, die in Osteuropa wütet. Den eigenen Wildschweinbestand hat Dänemark wegen solcher Gefahren längst ausgerottet, Eindringlinge aus Norddeutschland werden sofort abgeschossen. Nun will die dänische Regierung aufrüsten gegen das deutsche Schwarzwild: Ein Grenzzaun, eineinhalb Meter hoch und einen halben Meter tief in der Erde, soll die Tiere fernhalten.

Das Parlament hat den Plänen noch nicht zugestimmt, da spaltet der Zaun bereits das Grenzgebiet. Die Schweinebauern sind erleichtert. Doch für viele Menschen, die sich um mehr Austausch bemühen, ist er ein Rückschlag.

Fast 70 Kilometer lang soll der Schweinschutz werden. Genauso lang ist die Grenze, die seit zwei Jahren immer sichtbarer wird. Damals hat Kopenhagen Kontrollen eingeführt, wegen der Flüchtlinge. Die kommen zwar längst nur noch vereinzelt, trotzdem werden nun sogar Grenzhäuser an manchen Übergängen gebaut, damit sich Polizei und Heimwehr darin aufwärmen können. Dabei halten ihre Kontrollen wohl weder Wildschweine noch Bösewichte auf. Wer unbemerkt ins Land will, läuft einfach übers Feld.

Ganz in der Nähe der Grenze wohnt Hin-rich Jürgensen, der Vorsitzende der deutschen Minderheit in Dänemark. Er ist besonders daran interessiert, dass keine weiteren Keile zwischen Süd-Dänen und Norddeutsche getrieben werden. Hinrich Jürgensen sagt, er könne die Sorge der Schweinebauern gut verstehen, sein Nachbar ist einer von ihnen. Doch ein Zaun sei nicht die Lösung. Denn der lässt Lücken für Straßen, und an Feldwegen soll es Gatter für Spaziergänger geben. Jürgensen ist selbst auch Jäger, er kennt die klugen Wildschweine. Die fänden die Lücken im Zaun genauso schnell wie einen Wildübergang an der Autobahn, meint er.

Auch der grüne Umweltminister Robert Habeck aus Schleswig-Holstein hat so seine Zweifel an der "Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit" des Zauns und findet ihn unverhältnismäßig. Schließlich verbreite vor allem der Mensch den Virus, etwa über Tiertransporte und infizierte Lebensmittel. Die dänische Regierung plant nun zwar eine Informationskampagne, damit die Fahrer ihre Laster sauber halten. Es muss aber nur einer von ihnen ein Butterbrot mit der falschen Wurst aus dem Fenster werfen und ein Vogel pickt es auf, sagt Hinrich Jürgensen. "Eigentlich müsste man gleich ein Netz über Dänemark spannen."

Zwar wächst die Sorge vor der Seuche auch in Deutschland, bisher gab es hier aber keinen einzigen Fall von Afrikanischer Schweinepest. Der Zaun ist also auch dänische Beruhigungspolitik für Schweinebauern und ihre Kunden. Und er ist ein Geschenk an die Rechtspopulisten der Dänischen Volkspartei. Sie wünscht sich schon lange einen richtigen Grenzzaun gegen Flüchtlinge und andere ungebetene Gäste.

Es gibt bereits Stimme in der Dänischen Volkspartei, die vorschlagen, den Wildschweinschutz gleich deutlich höher zu bauen als geplant.

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