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Dänemark:Dänischer Zoo zerlegt Löwin vor Schulkindern

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Von Silke Bigalke, Stockholm

International löst öffentliches Ausweiden Protest aus. Das wissen dänische Zoos seit Marius, der jungen Giraffe, die für die Zucht nicht geeignet und daher nach Ansicht des Kopenhagener Zoos Löwenfutter war. Seine Autopsie vor Publikum stand fest, noch bevor er mit einem Bolzenschuss niedergestreckt war.

Es habe keinen Sinn, "die Welt zur Disney-World zu machen"

Tierschützer kämpften erbittert um sein Leben, einige drohten dem Zoodirektor. Der sagte, es habe keinen Sinn, "die Welt zur Disney-World" zu machen. Trotz alledem bot der dänische Zoo Odense jetzt auch ein ähnliches Spektakel: Im Ferienprogramm sezierte man dort eine junge Löwin. Im Februar getötet, war sie für diese Show im Kühlhaus aufbewahrt worden.

In Dänemark ist es eigentlich nicht ungewöhnlich, exotische Tiere vor Schulkindern aufzuschneiden. Der Zoo Odense macht das seit 20 Jahren. Doch diesmal berichtete die internationale Presse, ähnlich wie im Fall der Giraffe Marius. Der Tierpark musste Droh-Kommentare von seiner Facebook-Seite löschen. Übrig bleiben dort knapp 700 Beiträge, viele fanden die blutige Vorstellung geschmacklos, manche lehrreich.

Iben Sandahl hat ein Buch über dänische Kindererziehung geschrieben und erklärt, Dänen hätte eine sehr realistische Einstellung zu Leben und Tod. Die Tiersezierungen in den Zoos würde Schulkindern zeigen, wie echte Tiere aussehen. "Dänische Kinder wachsen belastbarer auf", sagt sie. Tiere würden nun mal in Zoos getötet, Menschen äßen Fleisch, Tiere fräßen einander. "Viele Dänen meinen, dass diese Erfahrung ihren Kindern einen wahren Einblick liefert, der ihnen hilft, eigene Entscheidungen zu treffen."

Einigen Kindern war das Sezieren zu langweilig

Der Zoo Odense ließ mitteilen, die Löwin hätte sowieso sterben müssen, weil im Gehege kein Platz mehr war. Anstatt sie wegzuwerfen, könne man ebenso gut von ihr lernen. Der dänische Rundfunk sendete Bilder live vom Obduktionstisch: Kinder drängten sich vor, strecken ihre Hände nach den Organen aus. Zoo-Mitarbeiter hielten den langen Darm in die Höhe, das blutverschmierte Herz, die wabbelige Leber. "Ihhh" - in der Blase war noch Pipi.

Als nach anderthalb Stunden der Kopf abgeschnitten, gehäutet, die Augen aus den Höhlen gepult wurden, waren einige Kinder bereits zappelig. Langweilig! Insgesamt sei alles gut gelaufen, kommentierte eine Zoo-Mitarbeiterin später gegenüber dem Sender. Sie wollten das wiederholen. Zwei gefrorene Löwen habe der Zoo noch vorrätig.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2015
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